Mehr Qualität und Nachhaltigkeit in der öffentlichen Beschaffung


Im öffentlichen Beschaffungswesen vollzieht sich ein Paradigmenwechsel: Im neuen Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen sind neben wirtschaftlichen auch Qualitäts- und Nachhaltigkeitsaspekte explizit verankert. Zugleich wird den Anforderungen der Welthandelsorganisation WTO Rechnung getragen. Damit stärkt das Parlament den Werkplatz Schweiz.

Fast zwei Jahre verhandelten National- und Ständerat darüber, nach welchen Kriterien öffentliche Aufträge vergeben werden sollen. Dabei geht es um ein Marktvolumen von über 40 Milliarden Franken. Im Rahmen der Totalrevision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) hat das Parlament nun wesentliche Aspekte geklärt. So ist die Nachhaltigkeit als Gesetzesziel verankert worden. Folgerichtig ist die Berücksichtigung von geltenden Umweltschutzbestimmungen im Vergabeverfahren für verbindlich erklärt worden. Weiter sind die Zuschlagkriterien mit mehreren Qualitätsaspekten ergänzt worden. Zudem soll der Zuschlag künftig an das «vorteilhafteste» statt wie bisher an das «wirtschaftlich günstigste» Angebot gehen.

«Das neue Vergaberecht stärkt den Qualitätswettbewerb und fokussiert nicht länger auf den Preiskampf. Damit wird im öffentlichen Beschaffungswesen ein eigentlicher Paradigmenwechsel eingeläutet. Für Firmen und Behörden ändert sich die Ausgangslage: Das neue Gesetz stärkt die Möglichkeiten, Güter und Dienstleistungen nicht nur bezüglich des Anschaffungspreises zu beurteilen – neu können die Kosten über den gesamten Lebenszyklus betrachtet und dabei auch allfällige Umweltkosten berücksichtigt werden. Damit wird Innovation angeregt und belohnt», erläutert Martina Novak, Leiterin Politik bei swisscleantech.

Die Beschaffungen der öffentlichen Hand haben einen grossen Einfluss auf die Wirtschaft und das Gewerbe. Ein auf die Qualität ausgerichtetes Gesetz kann diese Hebelwirkung optimal nutzen.

«Spannend ist, dass sich namhafte Wirtschaftsverbände, die wichtige Anbieterinteressen vertreten, aus der ordnungspolitischen Denke gelöst und die Weichenstellungen an den langfristigen Interessen ihrer Mitglieder orientiert haben. Von bauenschweiz bis Swiss Textiles haben sich viele Verbände nicht nur für den Qualitätswettbewerb, sondern auch für das Zuschlagskriterium Nachhaltigkeit ausgesprochen. Dies, obwohl economiesuisse das Gesetzesziel Nachhaltigkeit abgelehnt hat. Dieselben Akteure haben dann aber keinen Moment gezögert, sich zusammen mit economiesuisse, Swissmem und swisscleantech – auch mit Blick auf die Interessen der Exportindustrie – für eine Strategie der offenen Märkte einzusetzen. Die Diskussion um die «Kaufkraftdifferenzierung» bleibt ein Wermutstropfen. Die Einigungskonferenz hat jedoch eine Lösung gefunden, aus der klar hervorgeht, dass sich die Schweiz ihren vertraglichen Pflichten, die sich aus dem WTO-Recht und dem bilateralen Beschaffungsabkommen mit der EU ergeben, nicht entziehen will.  Eine wichtige Klarstellung!», so Marc Steiner, Richter am Bundesverwaltungsgericht und Mitglied des Wissenschaftsbeirats von swisscleantech.