Öffentliche Beschaffung kann viel zur Nachhaltigkeit beitragen


Mit der Beschaffung von nachhaltigen Produkten, kann die öffentliche Hand klare Marktsignale setzen. Dies erhöht die Chance, dass sich diese Produkte auch im privaten Markt durchsetzen. Welche Bedingungen erfüllt sein müssen, erklärte unser Co-Präsident Carsten Bopp an der Online-Tagung zur nachhaltigen öffentlichen Beschaffung der KBOB vom 30. März. Erste Erfahrungen zeigen: das Potenzial für einen Beitrag zur Nachhaltigkeit ist gross.

© System Alpenluft (Mitglied von swisscleantech)
Artikel
von swisscleantech
06.04.2021

Der Markt für öffentliche Beschaffungen beträgt jedes Jahr rund CHF 40 Milliarden. Weil die öffentliche Hand gemäss der Schweizer Verfassung den Auftrag hat, im Bereich der Nachhaltigkeit vorbildlich zu agieren, kann die öffentliche Beschaffung klare Marktsignale setzen. Beschafft sie in nachhaltige Produkte, erhöht sich die Chance, dass sich diese Produkte auch im privaten Markt durchsetzen.

Die Überarbeitung des öffentlichen Beschaffungswesens ist daher für nachhaltig operierende Firmen ein Meilenstein. Dank der 2019 verabschiedeten Revision können Gemeinden, Kantone und auch der Bund ihre Beschaffung so ausgestalten, dass nicht das günstigste, sondern das vorteilhafteste Produkt beschafft wird. Gestaltet die öffentliche Hand die Ausschreibungen nach Kriterien der Nachhaltigkeit, können nachhaltige Produkte oder Dienstleistungen beschafft werden, auch wenn sie teurer sind als weniger nachhaltige Konkurrenzprodukte oder -dienstleistungen.

swisscleantech hat sich stark dafür eingesetzt, dass diese Denkweise im Gesetz Eingang findet. Im Rahmen einer Konferenz der KBOB (Koordinationskonferenz der Bau und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren) berichtete swisscleantech Co-Präsident Carsten Bopp über erste Erfahrungen mit öffentlichen Beschaffungen unter dem neuen Beschaffungsrecht und erklärte, was es braucht, damit eine nachhaltige Beschaffung möglich ist.

Er identifizierte folgende Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit das Ergebnis der Beschaffung sowohl für Beschaffende wie auch für Auftragnehmende befriedigend ausfällt:

  1. Klare Kriterien: Die erwartete Umweltleistung muss in den Ausschreibungsunterlagen materiell sauber beschrieben werden. Wo immer möglich, muss sichergestellt sein, dass die Nachhaltigkeitsleistung quantifizierbar ist. Dabei gilt es auch dafür zu sorgen, dass die relevanten Normen zur Anwendung kommen.
  2. Förderung von Unternehmervarianten: Die Ausschreibungen sind so zu gestalten, dass Unternehmervarianten willkommen sind. Geschieht die Beschreibung des Produktes oder der Dienstleistung einschränkend und werden Unternehmervarianten ausgeschlossen, können sich innovative Produkte und Dienstleistungen nicht gegen etablierte Angebote durchsetzen. Unternehmervarianten sind deshalb ein wichtiger Treiber der Innovation. Zeigt die öffentliche Hand hier Mut, eröffnet dies viele Möglichkeiten.
  3. Genügend hohe Bewertung der Nachhaltigkeitsleistung: Damit nachhaltige Produkte sich durchsetzen können, muss die Bewertung der Nachhaltigkeit einen deutlichen Niederschlag im Zuschlagskriterium finden. Geschieht dies nicht, verkommt der Nachweis der Nachhaltigkeit sehr oft zu einer Alibiübung. Eine Bewertung, die beispielsweise den Preis mit 50% technischer, 30% ökologischer Aspekte, und die Referenzen mit 20% berücksichtigt, hat sich in der Praxis bewährt.
  4. Richtige Bewertung des Preises: Dadurch, dass das öffentliche Beschaffungsrecht neu Lebenszykluskosten nicht nur zulässt, sondern sogar empfiehlt, besteht die Chance, dass in Zukunft langlebige aber teurere Produkte einen komparativen Vorteil erhalten. Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Nachhaltigkeit.

Werden die obigen vier Punkte berücksichtigt, kann die öffentliche Beschaffung viel zur Nachhaltigkeit beitragen. Wenn nicht, besteht die Gefahr, dass viel Energie in ineffizienten Prozessen verloren geht. Dies wäre schade, denn das Potenzial der öffentlichen Beschaffung ist sehr gross und die öffentliche Hand kann sich als Trendsetterin profilieren.

 

Präsentation von Carsten Bopp: «Gute Beispiele von Beschaffungen der öffentlichen Hand – Perspektive der Wirtschaft» (PDF)

Présentation de Carsten Bopp: «Exemples de bonnes pratiques en matière d’achats publics; point de vue des entreprises» (PDF)