Nachhaltige öffentliche Beschaffung ist in der Realität angekommen

Nachhaltigkeit ist auch kantonal zunehmend im öffentlichen Beschaffungswesen verankert. In Zusammenarbeit mit unseren Mitgliedern und der öffentlichen Hand erarbeiteten wir Best Practices, um den Paradigmenwechsel zu beschleunigen – entscheidend sind neben den Ausschreibungen auch der Dialog zwischen Wirtschaft und Behörden.

 
Fotografie: System Alpenluft AG

Seit 2019 ist es möglich, im Rahmen der öffentlichen Beschaffung das Thema Nachhaltigkeit als Zuschlagskriterium zu verwenden. Was auf den ersten Schritt erstaunlich scheint, hat damit zu tun, dass in der Vergangenheit öffentliche Aufträge gemäss WTO-Richtlinien immer nach dem günstigsten Preis vergeben werden mussten. Nun hat sich diese Praxis auch auf internationaler Ebene verändert: Mit wachsendem Bewusstsein für die nachhaltige Entwicklung wurde auch immer klarer, dass Gemeinden, Kantone und Bund ein wichtiger Treiber für eine nachhaltige Wirtschaft bilden. Mit dem überarbeiteten Gesetz erweitern sich nun endlich die Möglichkeiten, um in öffentlichen Bestellprozessen nicht nur (in erster Linie) Kosten-, sondern auch Nachhaltigkeitsfaktoren zu berücksichtigen.

Der Recycling-Anteil eines Produktes kann so beispielsweise zum wichtigen Zuschlagskriterium werden. Ein Produkt mit hohem Recycling-Anteil kann so vom Gemeinwesen beschafft werden, auch wenn ein leicht kostengünstigeres Konkurrenzprodukt mit tieferem Recycling-Anteil verfügbar ist. Mit einem solchen Zuschlagskriterium «Recycling-Anteil» erweitert sich der Markt für Recycling-Produkte, der Weg Richtung zirkuläre Wirtschaft könnte weiter geebnet werden. In der Zwischenzeit wurde auf der Basis des Bundesgesetzes auch eine interkantonale Vereinbarung über die öffentliche Beschaffung erarbeitet und in vielen Kantonen verabschiedet.

Best Practices für die Umsetzung

Wie bei vielen guten Ideen liegen auch hier die Herausforderungen im Detail. Im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (BAFU) hat sich swisscleantech bei seinen Mitgliedern und bei Gemeinden und Städten umgehört, um gute Beispiele für nachhaltige Beschaffungen zu finden. Das Resultat dieses Projektes war einigermassen ernüchternd. Zwar ist es gelungen, verschiedene Projekte zu finden, in welchen die Nachhaltigkeit als Zuschlagskriterium umfassend behandelt wurde. Unter Berücksichtigung der grossen Menge von Ausschreibungen, die jedes Jahr durchgeführt werden, erinnerte die Recherche jedoch an die Suche nach Nadel im Heuhaufen.

Besonders im Bereich von Planungs- und Ingenieurdienstleistungen sowie bei der Beschaffung von Gemeindedienstleistungen wie beispielsweise der Entsorgung ist das Einführen von Nachhaltigkeitskriterien zugegebenermassen auch keine einfache Aufgabe. Es ist nachvollziehbar, dass Gemeinden von allzu restriktiven Beschaffungskriterien zurückschrecken, , da damit die Vergabeentscheide eingeklagt werden könnten. Es ist deshalb zwingend, dass einerseits eine Praxis entwickelt wird, die nachhaltige Kriterien in der öffentlichen Beschaffung zur Selbstverständlichkeit machen, und dass andererseits Richtlinien erstellt werden, welche es den Gemeinden erlauben, die Nachhaltigkeit auf systematische Art in ihre Beschaffung mit einzubeziehen.

Für swisscleantech ist die Arbeit deshalb mit der Studie für das BAFU nicht abgeschlossen. Im Gegenteil: Wir engagieren uns, um Gemeinden und Unternehmen an einen Tisch zu bringen, um miteinander die Möglichkeit einer systematischen Vorgehensweise zu entwickeln. Ausserdem arbeiten wir gemeinsam und unter Gesamtleitung von Bauenschweiz und der Schweizerischen Vereinigung Beratender Ingenieurunternehmungen usic sowie weiteren Partnern an einem Projekt zur Beschaffungsplattform SIMAP, auf welcher die Gemeinwesen ihre Aufträge ausschreiben: Die Plattform soll systematisch danach ausgewertet werden, ob und wie Nachhaltigkeit als Zuschlagskriterium verwendet wird.

Ein Beitrag aus dem Jahresbericht
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