Ein grosser Teil der heutigen Höchstspannungsleitungen in der Schweiz ist zwischen 50 und 80 Jahre alt. In den kommenden Jahren müssen daher zahlreiche Anlagen des Übertragungsnetzes erneuert und gleichzeitig an die Anforderungen der Energiewende angepasst werden. Entsprechend stehen viele Bewilligungsverfahren an, die erfahrungsgemäss komplex und zeitaufwändig sind. Der Bundesrat will diese Prozesse gezielt beschleunigen, damit die Stromnetze nicht zum Bremsklotz der Energiewende werden.
Vorgesehen ist unter anderem der Verzicht auf das Sachplanverfahren für die Erneuerung von bestehenden Leitungen. Neu soll das Interesse an der Realisierung solcher Anlagen grundsätzlich gegenüber anderen nationalen Interessen Vorrang haben. Ausnahmen – etwa zugunsten von Biotopen – bleiben ausdrücklich vorbehalten, und es ist weiterhin in jedem Fall eine Interessenabwägung vorzunehmen. Zudem sollen die zuständigen Behörden an verbindliche Fristen gebunden werden. swisscleantech begrüsst diese Massnahmen ausdrücklich, da sie den notwendigen Ausbau des Übertragungsnetzes beschleunigen.
Wiederaufnahme des Freileitungsgrundsatzes und neue Erleichterungen für Verteilnetze
Im Nationalrat, der sich in der Wintersession das erste Mal über das Geschäft gebeugt hat, waren diese Punkte weitgehend unbestritten. Wieder aufgenommen wurde jedoch der Freileitungsgrundsatz, auf den der Bundesrat aufgrund negativer Rückmeldungen in der Vernehmlassung verzichtet hatte. Dieser Grundsatz sieht vor, dass neue Leitungen grundsätzlich als Freileitungen und nur in begründeten Ausnahmefällen als Erdkabel realisiert werden sollen. Dafür sprechen insbesondere technische und wirtschaftliche Gründe.
Ergänzend zu den Vorschlägen des Bundesrates hat der Nationalrat zusätzliche Bestimmungen für das Verteilnetz aufgenommen. So soll auch Anlagen des Verteilnetzes ein nationales Interesse zugesprochen werden, das andere nationale Interessen grundsätzlich überwiegt. Vorgesehen sind ausserdem weitere Erleichterungen für den Bau von Transformatorenstationen und Speichern ausserhalb der Bauzonen. swisscleantech steht diesen zusätzlichen Erleichterungen im Bereich der Verteilnetze grundsätzlich positiv gegenüber – denn die Energiewende findet mit dem Ausbau der Solarenergie und der Elektrifizierung von Wärmeversorgung und Verkehr vor allem auf den unteren Netzebenen statt.
Gezielter Ausbau der Stromnetze unabdingbar
Viele der bestehenden Herausforderungen bei den Verteilnetzen könnten mit intelligenten Massnahmen gelöst werden – von flächendeckenden «Smart Grids» ist die Schweiz aber leider noch weit entfernt. Umso wichtiger ist es, dass die Digitalisierung der Netze und die intelligente Nutzung von lokalen Flexibilitäten voranschreitet. Ein massvoller und gezielter Ausbau der Stromnetze ist unabhängig von diesen Massnahmen unvermeidbar. Die rasche Verabschiedung dieses Netzbeschleunigungs-Erlasses hat für swisscleantech darum höchste Priorität.