
Die Schweizer Gebäude verbrauchen über 40% der Energie der Schweiz, davon rund 80% im Winter zur Beheizung. Auch heute noch heizt die Schweiz zu zwei Dritteln mit fossiler Energie, welche rund einen Drittel aller Emissionen der Schweiz verursachen. Damit wir das gesetzlich verankerte Netto-Null-Ziel erreichen, müssen unsere Gebäude in den nächsten 25 Jahren vollständig dekarbonisiert werden.
Mit einer Lebensdauer von rund 20 Jahren zählt jede Heizung, die durch eine fossilfreie Lösung ersetzt wird. Ebenso wichtig ist die Erneuerung von Gebäudehüllen, welche dank der richtigen Wärmedämmung den Energiebedarf für Heizung wie Kühlung entscheidend senken. Werden diese Massnahmen nicht zeitnah umgesetzt, verfehlen wir die Ziele im Gebäudebereich bis 2050. Umso fragwürdiger ist es, dass die Politik die aktuellen Anreize für den Ersatz von fossilen Heizungen und für die Gebäudesanierung gleich von zwei Seiten torpediert.
Hauskauf: Der richtige Moment für eine Sanierung – dank den richtigen Anreizen
Stellen wir uns eine Familie vor, die ein bestehendes Haus kauft: Oftmals ist die Heizung alt und sollte ersetzt werden, aber auch die Küche oder die Fenster brauchen eine Auffrischung – grosse Investitionen fallen an. Hier setzt das heutige System der Steuerabzüge an: Die Hypothekarzinsen wie auch die Investitionen in die energetische Erneuerung dürfen von den Steuern abgezogen werden. Ein wichtiger Anreiz, um das Gebäude zukunftsfähig zu halten. Ein zweiter Anreiz erhalten Eigenheimbesitzer*innen über das Gebäudeprogramm, welches Investitionen in die energetische Gebäudesanierung einmalig vergütet – zum Beispiel über die Erneuerung der Wärmedämmung.
Parlament torpediert Klimaschutzmassnahmen in Gebäuden
Mit der Volksabstimmung im Herbst beabsichtigt das Parlament, entscheidende Anreize für Klimaschutzmassnahmen in Gebäuden abzuschaffen: Im Falle eines Ja würden sowohl die Steuerabzüge als auch der Eigenmietwert wegfallen. Es ist zwar richtig, dass dieses neue System die Eigentümerschaft dazu animiert, ihre Hypotheken schneller zu amortisieren, was grundsätzlich wünschenswert ist. Es unterbindet aber auch wichtige Anreize, in die energetische Sanierung des Gebäudes zu investieren.
Gleiches gilt für die Abschaffung des Gebäudeprogrammes, welches gemäss dem Plan des Bundesrates ab 2027 nicht mehr weitergeführt werden soll. Das ist umso fragwürdiger, weil das Gebäudeprogramm nachweislich Wirkung erzielt: Insgesamt verbraucht der Schweizer Gebäudepark heute dank dieses Programms 3,8 Milliarden kWh weniger Energie pro Jahr und stösst jährlich 1’064’000 Tonnen weniger CO2 aus.
Mit der Abschaffung der beiden Instrumente werden jährlich finanzielle Anreize auf kantonaler und nationaler Ebene von rund 1,2 Milliarden Franken gestrichen. Solche Programme ohne jegliche Ersatzleistungen abzuschaffen, ist verantwortungslos. Vor allem, weil sich die Erwartung des Bundes, die Kantone könnten die wegfallenden Beiträge ersetzen, kaum erfüllen wird: Schliesslich wird das angekündigte Entlastungspaket des Bundes die Kantone generell finanziell mehr belasten.
Abschaffung des Eigenmietwerts belastet Winterstromversorgung und befördert graue Emissionen
Weil sich mit der Abschaffung dieser Programme auch Massnahmen zur Energieeffizienz in Gebäuden weniger lohnen, werden auch diese zurückgehen. Mit zunehmender Elektrifizierung der Beheizung wäre aber ebendiese Effizienz entscheidend: Eine geringe Energieeffizienz verursacht einen unnötigen Anstieg des Stromverbrauchs im Winter. Also genau dann, wenn wir diesen Strom mit teuren zusätzlichen Kraftwerken erzeugen müssen und bereits heute eine Knappheit haben. Weiter bevorzugt die Abschaffung dieser Programme Ersatzneubauten gegenüber Sanierungen. Die Folge davon: Steigende graue Emissionen in der Bauindustrie – auch das ein unerwünschter Nebeneffekt zulasten des Klimaschutzes.
Dynamik bei der Dekarbonisierung der Gebäude hochhalten
In den letzten Jahren konnten die CO2-Emissionen der Gebäude konstant gesenkt werden. Gegenüber 1990 wurden im Gebäudesektor die Emissionen um rund 45% gesenkt – gerade auch weil Anreize für energetische Investitionen in den Gebäudepark vorhanden waren. Wer diese Dynamik bei der Dekarbonisierung der Gebäude erhalten und die Stromversorgung im Winter weiterhin sichern will, kann zur Abschaffung des Eigenmietwertes nur Nein sagen – und setzt sich gleichzeitig dafür ein, dass im Rahmen des Entlastungspaketes 27 des Bundesrates die Streichung des Gebäudeprogrammes verhindert wird.