Energiewende: Wie schafft man Akzeptanz für Veränderung?


Die Energiewende ist mehr als ein technisches Projekt. Sie wird auch unser Leben neu gestalten. Wo besteht bereits heute Akzeptanz für Veränderungen, wo muss diese durch den Dialog noch geschaffen werden? Diese Frage diskutierten wir am 30. April in einem Webinar mit Forscher*innen des Nationale Forschungsprogramms NFP «Energie» an den Beispielen Windenergie, Photovoltaik und Politikgestaltung.

Erfreulich ist es, dass die erneuerbaren Energien grundsätzlich von einem «PIMBY» (Please in my Backyard) Effekt profitieren können, wie dies Prof. Rolf Wüstenhagen in seinem Vortrag darlegte. Gerade für Photovoltaik ist die Akzeptanz mittlerweile sehr gross – sogar für Freiflächenanlagen an geeigneten Orten. Dabei spielt die Ästhetik eine wichtige Rolle. Dies gilt insbesondere bei Gebäuden – nicht nur für die Hauseigentümer*innen, sondern auch für die Architekt*innen, welche sie beraten. Da mit den farbigen Photovoltaikanlagen immer bessere Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden und weil die Akzeptanz der Photovoltaik insgesamt über die Jahre stark gestiegen ist, ergeben sich hier grosse Potenziale. Trotzdem darf nicht vergessen werden: In einer Präferenzuntersuchung entschieden sich eine Mehrheit der Hauseigentümerinnen, auf eine Photovoltaikanlage zu verzichten, wenn es darum ging, im Rahmen einer Modernisierung Kosten einzusparen. In der Anschlussfrage würden 28% der Hauseigentümer*innen ihre Entscheidung revidieren, wenn einfache Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung stünden.

Die Energiewende gestaltet Landschaft

Trotzdem ist die Realisierung von erneuerbaren Energieanlagen nicht immer ein einfaches Unterfangen – das zeigen die blockierten Projekte bei der Windenergie in der Schweiz. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass alleinstehende Energieerzeugungsanlagen das Landschaftsbild verändern. Allerdings, so führte Dr. Ulrike Wissen im Referat aus, reagieren Betrachter*innen auf veränderte Landschaftsbilder sehr unterschiedlich. In ihrer Forschung verwendete sie künstlich hergestellte Landschaftsbilder, in denen mittels Simulation die Anzahl der Energieerzeugungsanlagen variiert werden konnten. Die Reaktion von Proband*innen wurde anschliessend sowohl mit Befragungen wie auch mit physiologischen Messungen getestet. In diesen Experimenten fielen negative Reaktionen deutlich stärker aus, wenn eine unberührte Berglandschaft durch Windenergie und Photovoltaikanlagen verändert wurde, als wenn ähnliche Veränderungen in einer Landschaft mit der Charakteristik des Mittellandes vorgenommen wurden. Besonders störend waren jedoch nicht die Energieerzeugungsanlagen, sondern Hochspannungsleitungen. Offen blieb die Frage, inwiefern die Reaktionen der Proband*innen mit der Gewöhnung an solche Anlagen zu tun hat. Wer würde beispielsweise die traditionellen Windmühlen in den Niederlanden als störende Veränderung des Landschaftsbildes bezeichnen?

Zunahme von Wissen erhöht Akzeptanz für Gesetze

Im dritten Vortrag informierte Prof. Isabelle Stadelmann über ihre Forschung zur Akzeptanz von Gesetzen. Erfreulich ist, dass auch in der von ihr vorgestellten Untersuchung eine gute Akzeptanz für erneuerbare Energien nachgewiesen werden konnte. Ebenso deutlich jedoch zeigt sich, dass steigende Kosten für die Akzeptanz von Gesetzen negativ sind. Wenn allerdings Kosten entstehen, sollten diese verursachergerecht erhoben werden. Bei der Befragung, die sich auf Strom konzentrierte, wurde eine Stromsteuer signifikant besser akzeptiert, als ein Aufschlag auf Löhne, oder einer Mehrwertsteuer, mit der anschliessend erneuerbare Energieanlagen finanziert werden sollten. Wie Prof. Stadelmann ausführte, ist das Wissen in der Bevölkerung sehr gering. Gleichzeitig konnte in Untersuchungen nachgewiesen werden, dass eine Zunahme von Wissen die Akzeptanz für Gesetze erhöhen kann. Interessanterweise waren gerade Proband*innen, die über Halbwissen verfügten, besonders kritisch gegenüber Gesetzen, während Personen, die kaum etwas wussten, eher zu einer Annahme bereit waren. Wurden Personen mit Halbwissen mit zusätzlichen Informationen versorgt, führte dies zu einer höheren Akzeptanz.

Dialog ist entscheidend für die Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung

In der abschliessenden Diskussion fragten wir uns, welche Aspekte für die Energiewende besonders wichtig wären. Die Forscher*innen waren sich einig, dass der Dialog besonders entscheidend sei. Dieser müsse frühzeitig begonnen und kontinuierlich geführt werden. Lokale Opinionleader seien dabei besonders wichtig. Insbesondere müsse darauf geachtet werden, dass auch bürgerliche Exponenten von der Sinnhaftigkeit einer nachhaltigen Energieversorgung überzeugt werden können. Es gehe auch darum, den Nutzen der Energiewende darzustellen. Oft werde heute zu stark über die Kosten und zu wenig über den Nutzen kommuniziert. Bezüglich der Standorte und der Akzeptanz von Standorten sei der lokale Einbezug besonders wichtig. Auch hier muss die Diskussion möglichst früh begonnen werden.

Nächstes Webinar der Serie «Forschung für die Schweizer Energiezukunft» findet am 7. Mai, 16:30 statt zum Thema «Rahmenbedingungen im Wettstreit». Mehr Infos


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