Hält die Schweizer Wirtschaft an ihren Netto-Null-Zielen fest? Eine Umfrage unter Mitgliedern


In Zeiten geopolitischer Spannungen und ungewisser wirtschaftlicher Rahmenbedingungen steht die Unternehmenswelt vor enormen Herausforderungen, die nicht nur den Geschäftsbetrieb, sondern auch Netto-Null-Ziele auf die Probe stellen. Aktuelle Entwicklungen – wie etwa Krisen in den Lieferketten oder Unsicherheiten in den Absatzmärkten – verlangen von Unternehmen ein strategisches Umdenken zur Klimazielerreichung. Unter diesen Vorzeichen ist es wichtiger denn je, eine konsequente Haltung zu unternehmerischem Klimaschutz einzunehmen. Dies zeigt eine Umfrage unter Nachhaltigkeitsverantwortlichen von swisscleantech-Mitgliedern, welche auch erfolgserprobte Klimaschutzstrategien und Einsichten für unsere künftige Verbandsarbeit mit sich bringt. Die wichtigsten Erkenntnisse:

Fotografie: Martin Adams

Die Umsetzung von unternehmerischen Klimazielen ist anspruchsvoller geworden

Rund 52% der befragten Unternehmen gaben an, dass die Umsetzung ihrer Klimaziele anspruchsvoller oder deutlich anspruchsvoller geworden ist. Gründe dafür sind mitunter politische Unsicherheiten, interne Diskussionen, wirtschaftliche Perspektiven und die regulatorische Komplexität.

Gerade weil die Umsetzung von Reduktionszielen intern hinterfragt wird, ist es wichtig, das mittlere Management und die Geschäftsleitung zu motivieren, um eine nachhaltige Ausrichtung sicherzustellen. Diese zunehmenden Herausforderungen in der Umsetzung von Netto-Null-Zielen werden entsprechend im Rahmen unserer kommenden Eventformate adressiert.

Die anhaltenden Unsicherheiten rund um Transparenzvorschriften beschäftigt: Wir gehen derzeit nicht davon aus, dass die Schweiz eine ambitioniertere Regulierung als die EU umsetzen, sondern sich stark an den international anerkannten Standards orientieren wird. Trotzdem lohnt es sich, bereits eingeleitete Reporting-Massnahmen fortzuführen und umzusetzen, um auf künftige Regulierungsbestimmungen vorbereitet zu sein.

Fast alle Mitglieder halten an ihren Klimazielen fest – mit teilweisen Anpassungen im Zeithorizont

76% der Unternehmen behalten ihre mittel- und langfristigen Klimaziele bei, 10% erhöhen sie sogar. Nur 4% senken ihre Ambitionen. Gleichzeitig wird jedoch eingeräumt, dass kurzfristige Zielpfade nicht immer eingehalten werden können.

Dieses Ergebnis ist ein klares Bekenntnis zu den Netto-Null-Zielen der swisscleantech-Mitglieder. Dass unternehmerischer Klimaschutz zur Energiesicherheit und wirtschaftlichen Resilienz beiträgt, bestärkt dieses Bekenntnis – dem wir in der politischen Diskussion entsprechend Rechnung tragen werden: Politik und Verwaltung müssen erkennen, dass ein wesentlicher Teil der Wirtschaft trotz kurzfristiger Herausforderungen an seinen Netto-Null-Zielen festhält. swisscleantech wird darüber hinaus zunehmend Verwaltungsräte in das CEO4Climate-Netzwerk einbinden, um Klimaschutz  strategisch in Schweizer Unternehmen zu verankern.

Mangelnde Nachfrage und Kostenwahrheit als grösste Herausforderungen

Die grössten Herausforderungen sind mangelnde Nachfrage nach klimafreundlichen Produkten, fehlende Kostenwahrheit, unzureichende Budgets und komplexe internationale Regulierungen.

In unserer Arbeit konzentrieren wir uns bereits intensiv auf marktorientierte Themen wie CO2-Preise und nachhaltige öffentliche Beschaffung, um den Business Case für Nachhaltigkeit absatzseitig zu verbessern.

Weiter engagieren wir uns aktuell intensiv dafür, Rückschritte in den politischen Anreizen für Klimaschutzmassnahmen zu vermeiden. Das ist in der aktuellen politischen Stimmung umso wichtiger, weil andere Themen mehr Aufmerksamkeit erhalten und der Bundesrat umfassende Sparmassnahmen plant. Beim Entlastungspaket 2027 setzen wir uns deshalb unter anderem dafür ein, das Gebäudeprogramm fortzuführen.

Scope-3-Emissionen sind die grösste Herausforderung

Die Reduktion der Scope-3-Emissionen gilt als grösste Herausforderung, da sie komplexe Aspekte wie eingekaufte Güter und Dienstleistungen, nachgelagerte Emissionen in der Lieferkette sowie finanzierte Emissionen umfasst – und es dabei oft an Daten und Messbarkeit fehlt. Wir unterstützen deshalb unsere Mitglieder durch Wissensaustausch und Vernetzung dabei, ihre Emissionen auch bei Scope 3 zu reduzieren.

Kreislauffähige Geschäftsmodelle sind dazu ein wichtiger Schlüssel. In Zusammenarbeit mit allyCE bieten wir deshalb neu ein lösungs- und praxisorientiertes Coaching an. Dieses kostenlose Angebot richtet sich an ausgewählte swisscleantech-Mitglieder und vermittelt Innovationsimpulse sowie bewährte Praktiken zur Umsetzung der Kreislaufwirtschaft.

An der Umfrage haben 50 Nachhaltigkeitsverantwortliche von swisscleantech-Mitgliedern teilgenommen. Die Ergebnisse spiegeln die branchenübergreifende Perspektive unserer grösseren Mitglieder wider: Die Mehrheit der teilnehmenden Unternehmen beschäftigt über 500 Mitarbeitende, insbesondere aus den Branchen Industrie, Verkehr, Finanzwesen und Energie.