Gebäude auf Energieeffizienz trimmen: Marc Bätschmann im Gespräch

Energieeffiziente Gebäude mit guter Dämmung, Automation, Solarpanels und fossilfreien Wärmequellen gehören zu den grossen Chancen des Klimaschutzes – Gebäude sind für rund die Hälfte des Schweizer Energieverbrauchs verantwortlich. Marc Bätschmann verdeutlicht im Gespräch, wie wir diese Chance auch unternehmerisch nutzen können.

 

Marc Bätschmann weiss, wie man Gebäude auf Effizienz trimmt: In der Geschäftsleitung des swisscleantech-Mitglieds tend AG sorgt er für intelligente Immobiliendienstleistungen, die Erträge sichern, Betriebskosten senken und CO2-Emissionen reduzieren – darüber hinaus hat er das Netto Null Kollektiv mitbegründet und ist Geschäftsführer bei  der Allianz 2SOL. Bei ihm dreht sich damit vieles um rentable energetische Gebäudesanierungen und ganz allgemein um emissionsfreie Gebäude – wenn er nicht gerade in den Bergen auf dem Bike unterwegs ist oder im Espenmoos beim Fussballmatch mitfiebert.

swisscleantech: Herr Bätschmann, wer mit Hauseigentümer*innen spricht, der hört oft: Eine klimataugliche Modernisierung ist mir viel zu teuer. Was sagen Sie dazu?

Marc Bätschmann: Diese Aussage hört man tatsächlich sehr oft. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass in den meisten Fällen diese Aussage nicht stimmt. Über den Lebenszyklus betrachtet ist ein Gebäude, das effizient mit Energie umgeht und CO2-frei beheizt wird, günstiger als ein Gebäude mit Ölheizung und schlechter Effizienz.

Warum findet dann heute kein Run auf energetische Modernisierungen statt?

Das hat meines Erachtens zwei Gründe: Erstens betrachten die meisten Hauseigentümer*innen die Finanzierung eines solchen Projektes aus einer oft kurzfristigen Perspektive und zweitens betrachten sie die Modernisierung stark in Einzelschritten an Stelle eines ganzheitlichen Ansatzes. Die nachhaltige Modernisierung von Gebäuden ist kein einfaches Unterfangen; richtig angegangen lohnt es sich aber für das Klimaschutz und das Portemonnaie.

Beginnen wir mit der Finanzierung: Wie sollte man als Hauseigentümer*in ein solches Projekt angehen?

Viele Hauseigentümer*innen sehen nur die hohen Anfangsinvestitionen, berücksichtigen aber viel zu wenig, wie viel Energie gespart werden kann und wie stark der Wert und auch der Wohnkomfort im Gebäude steigt, beispielsweise durch kühlere Räume im Sommer und wärmere Oberflächen im Winter. Betrachtet man ein solches Projekt über die Lebensdauer der Massnahme, also mindestens über 30 Jahre, verschenken die Eigentümer*innen bares Geld, wenn sie ihr Gebäude nicht frühzeitig optimieren.

Steht denn den Hauseigentümer*innen genügend Geld für diese Investitionen zur Verfügung?

Geld steht für Immobilien in vielen Fällen ausreichend zur Verfügung. Für Hauseigentümer*innen, bei denen die Kapitalbeschaffung eine Herausforderung ist, entwickelt swisscleantech ja ein neues Finanzierungsmodell. So sollte auch dieses Hindernis wegfallen.

Und wie ist es mit der Frage der Komplexität?

Viele Hauseigentümer*innen sind Laien in Sachen Energieeffizienz und verfügen nicht immer über das notwendige Know-how. Das wird wohl auch so bleiben. Heute gehen die Eigentümer*innen zu einem Architekten oder einer anderen Beraterin – diese legen die Stirn in Falten und arbeiten ein Projekt aus. Jede Optimierung wird so zum Einzelfall – da kann man ansetzen.

Wie das?

Grundsätzlich gesehen sind viele Gebäude recht ähnlich – insbesondere Gebäude mit einem ähnlichen Alter. Für vergleichbare Gebäude könnte man so einen standardisierten Modernisierungsablauf entwerfen und diesen aktiv den Hauseigentümer*innen als Lösungsansatz präsentieren. So bekommen diese eine Modernisierung aus einer Hand: Wenn den Hauseigentümer*innen während dem gesamten Bauprojekt eine Begleiter*in beiseite steht, dann fühlen sie sich gut aufgehoben.

Wie muss man sich das vorstellen?

Wir denken, dass in nicht allzu ferner Zukunft kleinere oder grössere Konsortien von Baufirmen, welche in der Lage sind, sämtliche Arbeiten einer energetischen Modernisierung durchzuführen, sich miteinander koordinieren und mittels künstlicher Intelligenz eine grössere Gruppe von ähnlichen Gebäuden identifizieren. Dann gehen sie auf die Eigentümer*innen zu und bieten ihnen eine standardisierte, klimataugliche Optimierung aus einer Hand inklusive Finanzierung an. Dadurch werden nicht nur die Planungs-, sondern auch die Beschaffungskosten gesenkt, weil eine Vielzahl von Gebäuden mit gleichförmigen Massnahmen und Materialien modernisiert werden kann.

Welche nächsten Schritte zeichnen sich damit konkret in der Branche ab?

Die Entwicklung solcher neuer Geschäftsmodelle, die sowohl für die Hauseigentümer*innen wie auch für die umsetzenden Unternehmen vorteilhaft ist, läuft bereits. Erste konkrete Beispiele werden demnächst umgesetzt, sodass die Theorie der Kosteneinsparung wie auch die Vorteile der rascheren Umsetzung und der höheren Qualität in der Praxis belegt werden können. Danach geht’s um die Skalierung der Idee, womit automatisch ein Marktplatz für anbietende Unternehmen und Konsortien geschaffen wird.

Marc Bätschmann, wir danken für das spannende Gespräch!

 

Ein Beitrag aus dem Jahresbericht
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