Klimaschutzprojekte als Königsweg?


Der Mythos von Klimaschutzprojekten als Königsweg für unsere Klimaprobleme oder warum hochwertige Klimaschutzprojekte ein wirklich wichtiger Bestandteil im Mosaik der Lösungen sind, die wir jetzt brauchen!

Illustration: Stiftung myclimate
Artikel
von Stephen Neff (Gastbeitrag)
24.02.2023

Diese scheinbar widersprüchliche Aussage als CEO von myclimate mag zunächst irritieren. Warum ein Mythos? Weil die Idee, dies als Lösung anzubieten, um Zeit bis zur Dekarbonisierung der Gesellschaft zu gewinnen, schon immer das Herzstück unseres Handelns als myclimate war. Die Kompensation, um den alten und nun zu vermeidenden Begriff zu verwenden, war nie als Königsweg zum Erreichen des 1,5°C-Ziels gedacht. Er ist nicht mehr als ein weiterer, sehr wichtiger Teil des Lösungsansatzes; vorausgesetzt, die Qualität und Integrität ist gegeben.

Am wichtigsten ist, dass wir die Freisetzung von Treibhausgasen als Unternehmen und als Privatpersonen vermeiden. Wenn der CO2-Geist aus der Flasche ist, müssen wir grosse Anstrengungen unternehmen, um ihn wieder in die Flasche zu kommen. Es muss jedem vernünftig denkenden Menschen klar sein, dass dies der erste und wichtigste Schritt ist. An zweiter Stelle steht die Reduzierung des CO2-Fussabdrucks, wo immer dies möglich ist. Hier hat die Wirtschaft in den letzten Jahren grosse Fortschritte gemacht (z.B. SBTi, Entwicklung einer Klimastrategie), die kein Greenwashing sind, sondern wirklich beeindruckende Anstrengungen. Greenwashers werden früher oder später zur Rechenschaft gezogen oder auf den Märkten abgestraft.

Was ist mit den sogenannten unvermeidbaren Emissionen, die ein Land durch seine Einwohner, Unternehmen, Industrien und ihr internationales Mobilitätsverhalten verursacht?

Hier können hochwertige Klimaschutzprojekte eine wichtige Rolle spielen. Zum Beispiel Negativ-Emissions-Technologien, egal ob sie naturbasiert oder technologiebasiert sind. Aber auch Projekte zur Emissionsvermeidung spielen eine wichtige Rolle.

Wir müssen uns von der historischen (vor Paris-) Denkweise verabschieden, dass wir das 1,5°C-Ziel erreichen können, indem wir nur «ausgleichen» und so auf magische Weise ein klimaneutrales Produkt, Unternehmen, eine Fabrik oder einen Flug kreieren.

 

«Tu dein Bestes und finanziere den Rest» ist der richtige Weg in einer Welt nach dem Pariser Abkommen. Diese Klimafinanzierung geht über die Mentalität «eine kompensierte Tonne für eine emitierte Tonne» hinaus. Deshalb sind qualitativ hochwertige Klimaschutzprojekte so wichtig. Diese Projekte dürfen nicht nur eine spekulative Geschäftsmöglichkeit sein, sondern müssen im Zusammenhang mit der Förderung von Klimagerechtigkeit und -finanzierung betrachtet werden.

Zudem haben sich auch die globalen Rahmenbedingungen für die freiwilligen und verpflichtenden CO₂-Märkte verändert und müssen bei der Behauptung, klimaneutral zu sein, berücksichtigt werden. Im Zentrum der regulatorischen Änderungen stehen die sogenannten Corresponding Adjustments (CAs). Diese sorgen für mehr internationale Transparenz beim Klimaschutz. Damit soll ausgeschlossen werden, dass sowohl ein Unternehmen, das ein Klimaschutzprojekt finanziert, als auch das Gastland des betreffenden Projekts sich die Klimaschutzleistung anrechnen. Aktuell hat allerdings kein Staat CAs ausgestellt. Wir rechnen nicht damit, dass die CAs so schnell wie erhofft zur Verfügung stehen werden. 

Dies ist für die Kunden wichtig, weil CAs zukünftig eine Grundvoraussetzung sind, wenn Unternehmen, Produkte und Events als «klimaneutral» ausgezeichnet werden sollen.

Klimaschutzprojekte sind weiterhin ein Schlüssel, um das globale Klimaziel zu erreichen

Geändert haben sich zwar elementare Rahmenbedingungen des freiwilligen CO₂-Marktes, nicht jedoch die Bedeutung – und die Wirkung (Impact) – von Klimaschutzprojekten und deren Finanzierung mithilfe des privaten Sektors. Ganz egal, ob lokal, regional oder international: Klimaschutzprojekte sind ein unverzichtbarer Bestandteil des globalen Klimaschutzes. Sie tragen messbar zur nachhaltigen lokalen Entwicklung und somit zum Erreichen der Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen bei.

Als erste Klimaschutzorganisation führt myclimate deshalb ein Label ein, das der neuen Klimaschutzrealität entspricht. Das myclimate Impact-Label «Wirkt. Nachhaltig» wird Unternehmen oder Organisationen verliehen, die gemessen an ihrer – von myclimate plausibilisierten – CO₂-Bilanz, Klimaschutzprojekte finanziell unterstützen, die sonst nicht stattfinden würden. 

Stephen Neff

CEO Stiftung myclimate
Mitglied der Geschäftsleitung

stephen.neff@myclimate.org

Über myclimate

myclimate ist Partner für wirksamen Klimaschutz – global und lokal. Gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft sowie Privatpersonen will myclimate durch Beratungs- und Bildungsangebote sowie eigene Projekte die Zukunft der Welt gestalten. Dies verfolgt myclimate als gemeinnützige Organisation marktorientiert und kundenfokussiert.  

Die internationale Initiative mit Schweizer Wurzeln gehört weltweit zu den Qualitätsführern für umfassende Klimaschutzlösungen. Zum Kundenkreis zählen grosse, mittlere und kleine Unternehmen, die öffentliche Verwaltung, Non-Profit Organisationen, Veranstalter sowie Privatpersonen. Über Partnerorganisationen ist myclimate in weiteren Ländern wie Deutschland, Österreich, Schweden oder Norwegen vertreten. Gleichzeitig betreut myclimate von Zürich aus Geschäfts- und Privatkunden weltweit.

Mit Projekten höchster Qualität treibt myclimate weltweit messbaren Klimaschutz und eine nachhaltige Entwicklung voran. Seit der Gründung im Jahre 2002 hat myclimate 174 Klimaschutzprojekte in 45 Ländern der Welt entwickelt und unterstützt. Dort werden Emissionen reduziert, indem fossile Energiequellen durch erneuerbare Energien ersetzt, CO2 in natürlichen Senken (alternativ: in naturbasierten Projekten) gespeichert (z.B. lokale Aufforstungsmassnahmen) sowie energieeffiziente Technologien implementiert werden. myclimate-Klimaschutzprojekte erfüllen höchste Standards. Internationale Projekte können nach Gold Standard, Plan Vivo oder VCS (inkl. CCB und/oder SD-VISta) zertifiziert werden, Schweizer Projekte nach den Richtlinien des Bundesamtes für Umwelt (BAFU)/Bundesamt für Energie (BFE) oder den myclimate CH VER-Guidelines. Sie leisten neben der Reduktion von Treibhausgasen nachweislich lokal und regional einen positiven Beitrag zu den Zielen nachhaltiger Entwicklung (SDGs) der UN.

myclimate ermutigt mit handlungsorientierten und interaktiven Bildungsangeboten jede und jeden, einen Beitrag für unsere Zukunft zu leisten. Mit diesem Ziel wurden bereits in der Schweiz, Deutschland und Liechtenstein rund 65'000 Schüler*innen und 11'000 Lernende erreicht, sowie ein weltweites Netzwerk von 1‘400 Studierenden und Young Professionals etabliert. Darüber hinaus berät die Stiftung zu integriertem Klimaschutz mit greifbarem Mehrwert. Im Geschäftsfeld CO2- und Ressourcen Management unterstützt myclimate Firmen mit Beratung, Analysen, IT-Tools und Labels. Angebote reichen von einfachen Carbon Footprints (Emissionsberechnungen) auf Unternehmensebene bis zu ausführlichen Ökobilanzierungen von Produkten. Erfahrene Berater*innen helfen beim Identifizieren und Erschliessen von Potentialen in den Bereichen Energie- und Ressourceneffizienz.

Die myclimate-Klimaschutzprojekte haben seit Bestehen der Stiftung Tausende von Jobs geschaffen, die Biodiversität geschützt und die allgemeinen Lebensumstände Hunderttausender Menschen verbessert. Nicht zuletzt deswegen hebt das deutsche Umweltbundesamt myclimate als Anbieter für Klimaschutzinvestitionen explizit hervor. Sowohl 2015 als auch 2012 wurden je zwei myclimate-Projekte vom Sekretariat der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) zu sogenannten «Game Changing Climate Lighthouse Activities» ernannt und an den UN-Klimakonferenzen in Paris und Doha von UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon persönlich geehrt. Weiter gewann das myclimate-Bildungsprojekt «Klimalokal» 2012 den Milestone-Preis, die höchste Auszeichnung im Schweizer Tourismus. Im Mai 2016 wurde myclimate mit dem Schweizer Nachhaltigkeitspreis «PrixEco» ausgezeichnet.

Website | Instagram | Facebook | Twitter