Schutz und Nutzen richtig abwägen – für eine sichere und nachhaltige Stromversorgung


Eine sichere Stromversorgung ist für die Schweiz und ihre Wirtschaft von entscheidender Bedeutung. Um diese zu wahren und das Netto-Null-Ziel zu erreichen, braucht es kosteneffiziente und beschleunigte Massnahmen zum Ausbau der erneuerbaren Energien. Neben diesem Nutzeninteresse besteht das Interesse an Natur- Umwelt- und Denkmalschutz; Landschaftsschutz und Nutzung zur Energieproduktion sind beides nationale Interessen – wie können wir den inhärenten Interessenskonflikten konstruktiv begegnen?

Fotografie: Thomas Bennie

Runde Tische und spezialisierte Gerichtsbarkeiten statt Misstrauen und Kompromisslosigkeit

swisscleantech ist der Meinung, dass der Interessenausgleich zwischen Landschaftsschutz und Nutzen zur Stromproduktion nur am runden Tisch erfolgen kann – eine direkte Konfrontation würde die Interessenskonflikte verschärfen und die Energiewende verlangsamen. Voraussetzung dafür bildet das gegenseitige Vertrauen. Aktuell wird dieses von verschiedenen Seiten torpediert: Den Restwasser-Kompromiss zu attackieren etwa ist kontraproduktiv und schadet dem Ausbau der Wasserkraft; aber auch die kompromisslose Haltung gewisser Umweltverbände trägt zum Konflikt bei.

Es ist davon auszugehen, dass in vielen Fällen keine einvernehmliche Lösung gefunden werden kann. Sinnvoll ist es daher, spezialisierte Gerichtsbarkeiten mit entsprechendem thematischem Know-how zu schaffen, welche auf Basis der geführten Diskussionen schnell möglichst objektiv entscheiden können. Spezialisierte Gerichtsbarkeiten bieten sich an, weil die Herausforderung für Gerichte darin besteht, dass sie konkrete Abwägungen durchführen müssen, ohne im Normalfall über vertieftes, unabhängiges Wissen zu verfügen. Dies kann dazu führen, dass die Entscheide willkürlich und langwierig ausfallen.

swisscleantech fordert daher:
Durch die Schaffung spezialisierter Gerichtsbarkeiten ist der Prozess in der Entscheidfindung zu beschleunigen und zu objektivieren.

Der Landschaftsschutz muss in der Interessensabwägung relativiert werden

Unter den Schutzinteressen gilt es den Schutz der Biodiversität besonders hervorzuheben: Er ist neben dem Klimawandel die grösste Herausforderung des Schweizer Umweltschutzes. Gründe dafür sind intensive Landwirtschaft und Zersiedelung, aber auch die Energieerzeugung. Die Systemdienstleistungen der Biodiversität werden auf jährlich mehrere Milliarden Franken geschätzt. Der Zusammenbruch der Biodiversität würde unabsehbare Folgen nach sich ziehen.

Landschafts- und Denkmalschutz müssen aber unter neuen Vorzeichen der Zeit bewertet werden: Die Wahrnehmung von Landschaft ist wandelbar und im Zuge des Klimawandels müssen Kulturgüter neu interpretiert werden. Während in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts beispielsweise neue Autobahnen als Zeichen des Fortschrittes verstanden wurden, sind sie heute deutlich weniger populär. Es ist davon auszugehen, dass der Klimawandel insgesamt die Landschaft erheblich umgestalten wird. Auch wenn akzeptiert werden muss, dass die schweizerischen Anstrengungen im Klimaschutz allein nicht dazu führen, dass der Klimawandel gebremst wird, können Anpassungen des Landschaftsbildes unter dem Titel des globalen Kampfes gegen die Klimakrise als akzeptabel angesehen werden.

Deshalb ist die Argumentation vertretbar, dass eine kulturelle Neubewertung des Landschaftsbildes besser tolerierbar ist als eine Belastung für die (systemische) Biodiversität. Ausserdem gilt festzuhalten, dass je nach Situation landschaftliche Veränderungen auch wieder rückgängig gemacht werden können. Dies gilt insbesondere für Winkraftanlagen. Auch alpine Solaranlagen bergen ein interessantes Potential: PV-Anlagen in den Bergen produzieren im Winter deutlich mehr als Anlagen im Mittelland und können so einen wichtigen Beitrag zur Stromversorgungssicherheit leisten. Hier besteht Potential auf Infrastrukturflächen wie zum Beispiel Parkplätzen. Es sollen jedoch auch Projekte im Freiland in geeigneter Form vorangetrieben werden.

swisscleantech fordert daher:
Der Landschaftsschutz ist in der Interessensabwägung gegenüber Versorgungssicherheit im Winter, Klimaschutz und Biodiversität zu relativieren. Entsprechende Formulierungen sind ins Energiegesetz aufzunehmen.

Kraftwerkstechnologien und ihre Auswirkungen auf die Biodiversität und auf den Landschaftsschutz richtig abwägen

Für eine gelungene Schutz/Nutzen-Abwägung muss jede Kraftwerkstechnologie einzeln betrachtet werden. swisscleantech hat dazu ein Raster entwickelt (siehe im Anhang des Positionspapiers).

Lesen Sie mehr zum Thema und über die Lage der Schweizer Stromversorgungssicherheit, über die Beschleunigungsvorlage erneuerbare Energien, über den Bau von Gaskraftwerken zu Spitzenabdeckung im swisscleantech Positionspapier «Stromversorgungssicherheit in der Schweiz unter Berücksichtigung von Schutz und Nutzen»:

Zum Positionspapier