Die grüne Logistik nimmt Fahrt auf


Mit dem Ja zum Klimagesetz ist die Schweizer Logistik noch stärker in der Pflicht, die Emissionen im Güterverkehr zu senken. Abseits der LSVA-Befreiung und ausgezeichneter Pionierleistungen mit zunehmend etabliertem batterieelektrischem Antrieb fehlt es etwa an Rahmenbedingungen für Ladeplätze; auch die grossen Investitionskosten sind eine hohe Hürde. Die Arbeitsgruppe Grüne Logistik zeigt Lösungen auf.

Fotografie: Artem Balashevsky

Dass auch in der Logistik die Emissionen in den nächsten Jahrzehnten stark sinken müssen, ist für die betroffenen Unternehmen längst bekannt – mit der Annahme des Klimagesetzes im letzten Juni sind die Ziele auch klar beziffert. So müssen im Verkehr die Emissionen bis 2040 um 57%, und bis 2050 um 100% reduziert werden – ohne Hilfe von Negativemissionstechnologien. Dem Güterverkehr, der 21% der Emissionen im Verkehr verursacht, kommt damit eine grosse Verantwortung im Klimaschutz zu. ­

Aus diesem Grund haben IKEA und swisscleantech die Arbeitsgruppe Grüne Logistik ins Leben gerufen.

Der batterieelektrische Antrieb setzt sich auch bei den LKWs durch

Die Antriebswende – also der Umstieg von fossil betriebenen hin zu emissionsarmen Antrieben – ist ein zentraler Faktor bei der Dekarbonisierung der Logistik. Während bis vor Kurzem noch unklar war, ob sich eher der Elektro- oder der Wasserstoff-LKW durchsetzen wird, scheint das Rennen – zumindest für den Moment – entschieden zu sein: In den ersten drei Quartalen 2023 wurden 295 E-LKW und lediglich 3 Wasserstoff-LKW verkauft. Zumindest für Kurz- und Mittelstrecken setzt sich also bei den schweren Nutzfahrzeugen wie – ähnlich wie beim Auto – die Batterie durch.

Doch auch im Fernverkehr gibt es Fortschritte: Anfang Jahr präsentierte der Winterthurer E-LKW-Hersteller Designwerk das erste Fahrzeug mit 1000 kWh Batteriekapazität. Anderswo betreibt Krummen Kerzers aktuell die grösste E-LKW-Flotte der Schweiz und baut diese kontinuierlich aus. Diese zwei swisscleantech-Mitglieder leisten damit exemplarisch Pionierarbeit in der grünen Logistik; viele weitere Unternehmen haben die Zeichen der Zeit erkannt und ziehen nach.

Designwerk bricht Megawattstunden-Grenze
Elektrisch, effizient, langstreckentauglich. Der Elektromobilitätsspezialist Designwerk lanciert als erster Hersteller eine vollelektrisch betriebene Sattelzugmaschine mit 1000 Kilowattstunden Batteriekapazität.

Zum Beitrag von Designwerk

Die grösste E-LKW-Flotte der Schweiz
Krummen Kerzers unterzeichnet eine Absichtserklärung für 25 weitere E-Trucks von Mercedes-Benz mit Auslieferung ab 2025. Bereits heute im Betrieb: Zehn vollelektrische LKW, zwei vollelektrische Lieferwagen und zwei eigene Super Charger.

Zum LinkedIn-Beitrag von Krummen Kerzers

Fehlende Ladeplätze und hohe Investitionskosten – die EU ist der Schweiz voraus

Mit der zunehmenden Elektrifizierung der Lastwagen stehen Unternehmen vor neuen Herausforderungen: Zwar sorgt in der Schweiz die LSVA-Befreiung dafür, dass ein E-LKW im Gesamtkostenvergleich bereits heute oftmals günstiger ist als sein Diesel-Pendant – die grossen initialen Beschaffungskosten bleiben aber eine hohe finanzielle und psychologische Hürde.

Bei der Ladeinfrastruktur stellen sich nicht nur Fragen zu den Installationskosten und dem Platzbedarf auf dem eigenen Gelände: Bis 2030 werden laut einer Studie der BKW 15 Schnell-Ladehubs für E-LKW benötigt. Europa ist hier deutlich voraus: Auf dem Kernstreckennetz der EU müssen bis 2025 alle 60 Kilometer Ladestationen für schwere Nutzfahrzeuge errichtet werden (Mindestleistung: 350 kW). Dänemark kümmert sich bereits um die Umsetzung und will in den nächsten Jahren 25 Ladeparks in Betrieb nehmen. In der Schweiz ist währenddessen unklar, wo die Ladeparks gebaut werden sollen; nicht zuletzt, weil es in der Nähe von Nationalstrassen vielerorts an Platz fehlt.

Arbeitsgruppe zur Dekarbonisierung der Logistik mit IKEA und einer Schweizer Premiere

In der Arbeitsgruppe kommen Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette zusammen, um die Dekarbonisierung der Logistik voranzutreiben. Die Herausforderungen rund um die verfügbare Fläche für die Ladeinfrastruktur wurden in der Gruppe früh erkannt – ebenso die Notwendigkeit, in dieser Thematik kooperierend voranzugehen. swisscleantech-Mitglieder Käppeli Logistik und Scania Schweiz machen es vor und eröffneten kürzlich mit ihrem öffentlichen Ladepark für E-LKW den ersten seiner Art in der Schweiz.

Käppeli Logistik AG und Scania Schweiz AG realisieren ersten öffentlichen E-Truck-Ladepark in der Schweiz
Schwere Nutzfahrzeuge elektrifizieren und im täglichen Bedarf einsetzen ist das Eine. Die dafür notwendige Energie mit der entsprechenden Ladeinfrastruktur ist das Andere. Wofür die Politik Jahre, wenn gar nicht Jahrzehnte braucht, wird durch die Käppeli Logistik AG in enger Zusammenarbeit mit der Scania Schweiz AG innert Monaten geplant, realisiert und in Betrieb genommen.

Zum Beitrag von Käppeli Logistik und Scania Schweiz

Um das Thema Ladeinfrastruktur weiter voranzutreiben, hat ein engerer Kreis von AG-Mitgliedern im November 2023 ein Pilotprojekt für das gegenseitige Zurverfügungstellen der Ladeinfrastruktur lanciert. Im Erfolgsfall wird das Projekt in den kommenden Monaten für die restliche Arbeitsgruppe geöffnet, sodass noch mehr Unternehmen zu einem möglichst engmaschigen Ladeinfrastruktur-Netz beitragen und selber auch davon profitieren können.

Mit erweiterter LSVA-Befreiung Investitionen und Innovationen sichern

Viele Unternehmen entscheiden sich heute nur dank der LSVA-Befreiung für den Kauf eines E-LKW. Dies zeigt exemplarisch, dass für die Antriebswende die richtigen politischen Rahmenbedingungen zentral sind. Damit die positive Entwicklung der letzten Jahre nicht gebremst, und zudem das Potenzial von erneuerbaren Treibstoffen genutzt wird, braucht es für die kommenden Jahre Investitionssicherheit und Technologieoffenheit. Aus diesem Grund setzt sich swisscleantech aktuell im Rahmen der Revision des CO2-Gesetzes dafür ein, dass die LSVA-Befreiung gesetzlich verankert und auf erneuerbare Treibstoffe ausgeweitet wird. Im Januar 2024 schickt der Bundesrat zudem seinen Vorschlag für die LSVA-Regelung ab 2031 in die Vernehmlassung. Auch hier werden wir uns dafür einsetzen, dass die Rahmenbedingungen im Sinne der klimatauglichen Wirtschaft ausgestaltet werden.

Antriebswende und Mobilitätswende zusammen denken

Für eine erfolgreiche und damit zeitnahe Verkehrswende braucht es nebst der Antriebswende auch eine Mobilitätswende. Im Güterverkehr bedeutet dies, dass nicht nur die Fahrzeuge weniger Emissionen verursachen müssen, sondern auch, dass Waren künftig vermehrt mit alternativen Verkehrsmitteln wie der Bahn oder Cargo-Velos transportiert werden. Auch hier ist die Arbeitsgruppe Grüne Logistik aktiv. So begrüsst swisscleantech – bis auf wenige Einwände – die Erneuerungen im Bereich des Langsamverkehrs grundsätzlich. Dadurch würden künftig unter anderem Cargo-Velos mit einem Gesamtgewicht von maximal 450 kg zugelassen, was ihren Anwendungsbereich deutlich ausweitet.

Um die Mobilitätswende voranzutreiben, sind nebst theoretischen Konzepten mutiges Ausprobieren und einfache Lösungen gefragt. In diesem Sinn soll demnächst ein Pilotprojekt für Belieferung der Stadt Zürich mit Cargo-Velos lanciert werden – eine Idee, die ebenfalls in der AG Grüne Logistik entwickelt wurde.