Klimaschutz muss auch in der COVID-19-Krise auf der politischen Agenda bleiben


Das Engagement, die Schweiz CO2-neutral zu machen, darf nicht nachlassen. Die swisscleantech Umfrage zeigt, dass die grosse Mehrheit der Befragten verstärkte Anstrengungen für den Klimaschutz begrüsst. Dies bestätigt die Relevanz der Tätigkeit von Verbänden wie swisscleantech.

swisscleantech hat sich Gedanken gemacht, wie es mit der Wirtschaft und dem Klima nach der COVID-19-Pandemie weitergeht. Dabei hat uns interessiert, was unsere Mitglieder und weitere Firmen aus dem näheren Umfeld der klimatauglichen Wirtschaft denken. Aus diesem Grund hat swisscleantech zwischen dem 23. April und dem 7. Mai 2020 eine Online-Umfrage durchgeführt und diese an rund 2000 Personen von Schweizer Unternehmen geschickt. Zusätzliche Personen konnten über die sozialen Medien erreicht werden. Mit fast 600 Personen, die sich an der Umfrage beteiligt haben, war die Resonanz gross.

Besonders interessiert haben uns persönliche Erfahrungen sowie die Frage, welchen Einfluss die COVID-19-Krise auf politische und wirtschaftliche Aspekte des Klimaschutzes hat. Die Ergebnisse zeigen einerseits, dass Klima-und Umweltthemen in der aktuellen Krise ebenso stark dominieren. Andererseits gibt es nachhaltig orientierte Firmen quer durch alle Branchen gibt, die bereit sind, Massnahmen für den Klimaschutz umzusetzen. Jetzt erst recht!

«Die Covid-19 Pandemie lehrt uns, dass wir Risiken frühzeitig adressieren müssen. Wir haben jetzt die Chance, neue Wege für eine klimafreundliche und klimaresistentere Wirtschaft zu beschreiten.», Dr. Barbara Dubach, Geschäftsführerin engageability Leiterin Wissens- & Technologietransfer NFP 73, Vorständin swisscleantech

Gegen 90% der Befragten betonen, dass es nun einen Effort brauche, damit das Klima nicht von der politischen Agenda verschwinde. Genau dafür setzt sich swisscleantech ein. Über die Frage, wie Klimaschutz die COVID-19-Krise und die politische Agenda zusammenhält, hat swisscleantech, zusammen mit dem Verband öbu, eine Kurzstudie verfasst. Mehr Infos dazu finden Sie hier.

Generelle Auswirkungen der COVID-19-Krise

Die COVID-19-Krise hat den Alltag auf den Kopf gestellt und die Berichterstattung der Medien über Wochen hinweg dominiert. Dennoch sagen die meisten Befragten, dass sie Klima- und Umweltthemen derzeit am meisten beschäftigten (66%) – mehr als die COVID-19-Krise (63%) und mehr als die wirtschaftliche Stabilität (43%). Weniger Gedanken machen sich die Befragten um die Zukunft ihres Unternehmens (33%) und um ihre persönliche Situation (26%).

«Kaum jemand hätte vor drei Monaten gedacht, dass so einschneidende Massnahmen ohne Zögern umgesetzt würden. Entschlossenes Handeln als Kollektiv ist möglich. Die Klimakrise fordert von uns ähnliches.», Thomas Schneider, Bankratspräsident BLKB, Vorstand swisscleantech

Die COVID-19- und die Klimakrise hängen zusammen und zwar nicht nur, weil aufgrund der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zwangspause die CO2-Emissionen kurzfristig zurück-gehen. Die grosse Mehrheit der Befragten sieht in der aktuellen Situation generelle und längerfristige Chancen für den Klimaschutz. Zwei Themen stehen dabei im Fokus: die COVID-19-Krise könnte die lokale Beschaffung stärken und das Mobilitätsverhalten nachhaltiger werden.

Immerhin 44% der Befragten rechnen damit, dass sie ihr Mobilitätsverhalten auch in Zukunft ändern werden. Über die Hälfte ist der Ansicht, dass die Art, wie wir arbeiten, langfristig durch die COVID-19-Krise beeinflusst wird. Während des Lockdowns hatten bereits drei Viertel der Befragten ihre tägliche Arbeitsweise angepasst.

«COVID-19 beschleunigt die Digitalisierung enorm. Ganze Geschäfts-prozesse, Kundenkommunikation und Teamkollaboration finden virtuell statt. Weniger Geschäftsreisen – das erhöht die Effizienz und leistet einen wertvollen Beitrag gegen den Klimawandel.», Marcel Winter, Country Manager AFRY Gruppe Schweiz, Vorstand swisscleantech

Wie sich die COVID-19-Krise auf die Unternehmen auswirkt

Rund 60% Befragten rechnen damit, dass sich das wirtschaftliche Umfeld für ihr Unternehmen durch die COVID-19-Krise eher oder sicher verschlechtern wird. Am grössten ist die Skepsis im Marketing- und Kommunikationssektor, weniger kritisch werden die Aussichten in den Bereichen Logistik, Energiewirtschaft und Bildungswesen gewertet.

«Innert kurzer Zeit sind globale Wertschöpfungsketten zusammenge-brochen. Umso wichtiger ist nun der Auf- und Ausbau resilienter und klimatauglicher Strukturen. Die Kreislaufwirtschaft bietet hierzu Ansätze für ressourcenschonende, lokalere und zukunftsfähige Geschäftsmodelle.», Marco Grossmann, Partner und Mitglieder der Geschäftsleitung, Leiter «Grüne Wirtschaft», ecos AG, Vorstand swisscleantech

Erfreulich ist jedoch, dass nur weniger als 10% aller Firmen angeben, dass sie Investitionen in Klimaschutzprojekte oder in klimataugliche Produkte zurückstellen oder ganz streichen werden. Mehr als 50% von allen Firmen lassen sich vom eingeschlagenen Kurs nicht abbringen, mehr als 10% wollen in Zukunft sogar vermehrt auf nachhaltige Produkte setzen. Gleichzeitig zeigen auch diese Resultate eine gewisse Unsicherheit: Fast 20% der Firmen können zurzeit noch nicht sagen, ob sie ihr Investitionsverhalten in diesem Bereich ändern werden.

«Der Weg zu Enkeltauglichkeit führt über die Innovation. Der richtige Zeitpunkt für Innovation ist jetzt!», This Schwendimann, Verwaltungsratspräsident & Geschäftsleitung Schwendimann AG und Geschäftsleitung System Alpenluft AG, Vorstand swisscleantech

Was der Staat jetzt tun soll

Gegen 90% der Befragten betonen, dass es nun einen Effort brauche, damit das Klima nicht von der politischen Agenda verschwindet. Gleichzeitig gehen die Teilnehmer*innen davon aus, dass jetzt ein günstiger Moment sei, um die Transition hin zu einer klimatauglichen Wirtschaft einzuleiten. Grosser Konsens besteht auch darin, dass die internationale Zusammenarbeit in der Bekämpfung des Klimawandels intensiviert werden muss. Dies ist auch ein klarer Auftrag an den Bundesrat, dass er in den internationalen Klimaverhandlungen weiterhin eine starke Rolle einnehmen soll.

Mehr als 40% der Teilnehmenden halten ein öffentliches Konjunkturprogramm eher für sinnvoll. Besonders beachtenswert ist, dass eine grosse Mehrheit (93%) der Meinung ist, dass ein Konjunkturprogramm konkrete Forderungen an den Klimaschutz enthalten sollte. Somit sehen viele der Befragten eine Chance darin, dass Konjunkturprogramme den Weg hin zu einer klimatauglichen Wirtschaft freimachen können.

«Das Massnahmenpaket des Bundes sowie die SNB helfen kurzfristig, um die Wirtschaft zu stützen und Arbeitsplätze zu erhalten. Längerfristige Unterstützungen müssen mit Bedacht gewählt werden – sie sollen nicht aktuelle Strukturen zementieren, sondern Innovation fördern und Anreize auf dem Weg in eine klimatauglichere Zukunft setzen.», Dr. Cornelia Luchsinger, Key Account Managerin ZKB, Vorständin swisscleantech

Worauf es beim Klimaschutz ankommt

Darauf angesprochen, welche Aspekte im Kampf gegen die Klimakrise besonders wichtig sind, ergibt sich ein erstaunlich deutliches Bild: die Politik muss im Engagement gegen die Klimakrise eine herausragende Bedeutung einnehmen. Auf der Massnahmenebene wurde von den Teilnehmer*innen mit über 70% angegeben, dass sie der Meinung sind, Energiepreise seien heute zu tief.

«Wirtschaft und Bevölkerung wollen jetzt konkret den Ausstoss von CO2 reduzieren und die Kreislaufwirtschaft fördern. Dafür soll die Politik passende Anreize und Spielregeln setzen.», Roger Nordmann, Nationalrat SP Waadt, Präsident swissolar, Vorstand swisscleantech

Mehr als 50% monierten auch, dass Anreize für Investitionen zu klein seien. Dies deckt sich mit der hohen Zustimmung (75%) zur Aussage, dass fehlender politischer Konsens heute eine der grössten Herausforderungen beim Klimaschutz darstellt und eine engagierte Klimapolitik bremst. Diese Antwort zeigt, wie wichtig die Aufgabe von Verbänden wie swisscleantech ist. Wir sehen unsere Aufgabe genau darin, zu helfen, dass politischer Konsens über die Parteigrenzen hinaus möglich wird. Wir sind überzeugt: die klimataugliche Wirtschaft nützt allen.

Als zweite grösste Herausforderung werden mit 73% zu billige fossile Energieträger genannt. Hingegen sind nur etwa 15% der Teilnehmenden der Ansicht, dass zu wenig Technologien vorhanden sind, um den Herausforderungen der Klimakrise gerecht zu werden. Auch wirtschaftliche Nachteile, die aus einem engagierten Kampf gegen die Klimakrise entstehen können, spielen für die Teilnehmenden eine untergeordnete Rolle.

«Energie- und Ressourcenverbrauch müssen einen verursacher-gerechten Preis haben, damit sie nicht im Übermass konsumiert werden. So wird die Energie- und Ressourceneffizienz gesteigert und der Verbrauch ohne Nutzen reduziert.», Jürg Grossen, Präsident glp und Nationalrat, Inhaber und Geschäftsführer Elektroplan Buchs & Grossen AG und ElektroLink AG, Vorstand swisscleantech

Die finanzielle Belastung, sowohl auf der Ebene des individuellen Haushalts als auch der Schweizer Wirtschaft, wird von weniger als 10% der Befragten als Herausforderung im Klimaschutz genannt. Dies ist konsistent mit der Antwort, welche auf die Fragen, ob weitere Steuern oder Abgaben sinnvoll wären, um die Wirkung der Massnahmen gegen die Klimakrise zu verstärken, gegeben wird. Eine überragende Mehrheit von 80% aller Teilnehmenden beantworteten diese Frage mit «Ja» oder «Eher ja».

Erfreulich ist, dass alle sechs Ziele, welche der Wirtschaftsverband swisscleantech sich in seiner «Agenda 2030» gesetzt hat, bei den Befragten auf grosse Resonanz stossen. Abgesehen vom Aspekt der nachhaltigen Beschaffung, der den Befragten möglicherweise zu unscharf oder zu wenig bewusst ist, finden alle Ziele jeweils bei über 40% aller Befragten eine Bestätigung. Dabei muss berücksichtigt werden, dass aus den sechs zur Verfügung gestellten Ziele jeweils nur drei ausgewählt werden konnten. Dass fast alle Ziele bei dieser schwierigen Auswahl gleich bewertet wurden, zeigt deutlich: Die Kursrichtung für die Arbeit von swisscleantech stimmt.

«Mit den sechs Zielen der Agenda 2030 identifiziert swisscleantech die richtigen Themen und setzt den Kurs für eine klimataugliche Wirtschaft.», Cédric Jeanneret, Mitglied der Geschäftsleitung «Energie Transition» Services Industriels Genève (SIG), Vorstand swisscleantech

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