Mantelerlass für eine sichere Stromversorgung im Ständerat: Ein Schritt vorwärts, ein Schritt zurück


Der Ständerat hat letzte Woche und heute im Rahmen der Differenzbereinigung abermals über die langfristige Stärkung der Schweizer Stromversorgung mit erneuerbaren Energien debattiert. Im Hinblick auf die laufenden Debatten zur Abstimmung zum Klimagesetz vom 18. Juni ist das ein wichtiges Zeichen für eine erhöhte Versorgungssicherheit. Erfreulich sind auch die Beschlüsse zugunsten von mehr Innovation im Verteilnetz und eines ausgewogeneren Verhältnisses zwischen Schutz der Biodiversität und Nutzung zur Energieproduktion. Die Ablehnung von griffigen Massnahmen zur Energieeffizienz sowie die zu einseitige Gewichtung des Ständerats zugunsten von Grosskraftwasserwerken beurteilen wir kritisch. Damit diese zukunftsweisende Vorlage noch in dieser Legislatur abgeschlossen werden kann, sind in der Herbstsession weiterhin wichtige Korrekturen notwendig.

Fotografie: Martin Zenker

Der Ständerat hat mit der ersten Differenzbereinigung des Bundesgesetzes für eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien den «Mantelerlass » auf die Zielgerade gebracht. Co-Geschäftsführer Michael Mandl sagt dazu: «Der Ständerat hat mit seiner Entscheidung zum Mantelerlass einen Schritt vorwärts und gleichzeitig einen Schritt rückwärts gemacht: Erfreulich sind die Beschlüsse für mehr Innovation im Verteilnetz; gleichzeitig hat man die Chance verpasst, zugunsten von mehr Energieeffizienz konkrete Massnahmen zu beschliessen. Aufgrund der laufenden Debatten zur Abstimmung zum Klimagesetz vom 18. Juni sind wir aber trotzdem erfreut, dass ein starkes Zeichen zugunsten von mehr Stromversorgungssicherheit gesetzt wurde.» Diese gemischte Bilanz der Beratungen versteht swisscleantech auch als Auftrag, sich in der Bereinigung der noch offenen Differenzen weiterhin aktiv für die Anliegen seiner Mitglieder einzusetzen.

Ausgewogener Ausbau von erneuerbaren Energien notwendig

Die erneuerbaren Energien müssen massiv ausgebaut werden – aber nicht einseitig auf Kosten der Biodiversität. Erfreulicherweise folgt der Ständerat dem Nationalrat und hat damit einen wichtigen Kompromiss zwischen Schutz der Biodiversität und Nutzung zur Energieproduktion beschlossen. So wird der Biotopschutz gefestigt, aber gleichzeitig der Bau von Wasserkraftanlagen in Gletschervorfeldern ermöglicht.

Im Unterschied zum Nationalrat lehnt der Ständerat erfreulicherweise eine Sistierung des Gewässerschutzes bei Erneuerungen und Erweiterungen von Wasserkraftwerken ab. Der Kompromiss lässt dem Bundesrat aber die Kompetenz, in gewissen Fällen trotzdem einzugreifen. swisscleantech lehnt solche unverhältnismässigen Eingriffe in die Biodiversität weiterhin ab.

Beim Ausbau der erneuerbaren Energien hat der Ständerat einen klaren Fokus auf den Ausbau von Grosswasserkraftwerken gelegt. Bedauerlich ist, dass er auf jegliche verpflichtenden Vorschriften für den Ausbau von Solaranlagen verzichtet hat – sei es bei Neubauten oder auf grossen Parkplätzen. In der weiteren Differenzbereinigung werden wir uns für einen gangbaren Kompromiss einsetzen, der das grosse Potenzial der Solarenergie besser nutzt.

Fehlende Massnahmen bei der Energieeffizienz

In vielen Fällen ist die eingesparte Energie nach wie vor die günstigste Energie. Zumindest bei dieser Zielsetzung ist man sich im Parlament einig. Anders sieht es bei den griffigen Massnahmen zur Erreichung dieser Ziele aus. Mit dem Beschluss des Nationalrates zugunsten von griffigen Zielvorgaben für Elektrizitätslieferanten wurde ein sinnvolles Instrument eingeführt, um einen Dienstleistungsmarkt für Effizienzmassnahmen zu schaffen. Der Ständerat lehnte das Instrument in seiner jetzigen Form leider ab und schafft damit eine gewichtige Differenz zum Nationalrat. swisscleantech wird sich für einen Kompromissvorschlag einsetzen, der klarere Verpflichtungen zugunsten von mehr Energieeffizienz beinhaltet.

Mehr Innovation im Verteilnetz

Das Stromsystem der Zukunft ist erneuerbar, dezentral und digital. Damit der Umbau möglichst rasch und kostengünstig vorangeht, brauchen wir mehr Innovation – auch ohne vollständige Marktöffnung. Damit unser Stromsystem zukunftsweisend gestaltet werden kann, braucht es einen flexiblen Ausgleich von Produktion und Verbrauch auf lokaler Ebene, smarte Netze und einen gezielten Netzausbau. Dies wurde vom Parlament erkannt. Nach dem Nationalrat beschliesst auch der Ständerat wichtige Änderungen im Stromversorgungsgesetz:

  • Erfreulich ist der Beschluss zugunsten des diskriminierungsfreien und fairen Zugangs zu den Messdaten. Dies ist eine Grundvoraussetzung für innovative Geschäftsmodelle und für grössere Transparenz im Stromnetz sowie ein grosser Erfolg im Sinne jener Mitglieder von swisscleantech, die sich beispielsweise für flexible Ladelösungen oder netzdienliche Speicher engagieren.

  • swisscleantech begrüsst, dass beide Räte das Netzentgelt für dezentrale Stromspeicher wie beispielsweise stationäre Batteriespeicher oder Fahrzeugbatterien neu regeln wollen und damit deren netz- und systemdienliche Nutzung attraktiver machen.

  • swisscleantech konnte sich mit Partnern erfolgreich dafür einsetzen, dass die Rahmenbedingungen für lokale Elektrizitätsgemeinschaften optimiert wurden. Damit wird der Ausgleich von Produktion und Verbrauch auf lokaler Ebene gefördert, was wiederum die Kosten für den Netzausbau senken kann.