Dekarbonisierungsstrategien für Schweizer Unternehmen – Whitepaper


Die Dekarbonisierung der Schweizer Wirtschaft ist zentral für die Erreichung der Schweizer Netto-Null-Ziele – und stellt Unternehmen vor vielfältige Herausforderungen. Das Whitepaper zeigt, wie swisscleantech-Mitglieder unternehmerische Klimaschutzmassnahmen umsetzen. Im Fokus stehen die Dekarbonisierung der Prozesswärme, die betriebsbedingte Mobilität und kreislauffähige Geschäftsmodelle. Die Unternehmen machen deutlich: Ambitionierte Emissionsreduktionen sind machbar – erfolgreich ist die Dekarbonisierung dann, wenn Technologien ausgereift und erschwinglich sind, die politischen Rahmenbedingungen passen und der unternehmerische Gestaltungswille vorhanden ist. Best Practices aus verschiedenen Branchen machen greifbar, inwiefern klimataugliches Wirtschaften heute bereits Realität ist – und was es braucht, um die Emissionen weiter zu reduzieren.

Fotografie: Mattias Milos

Zahlreiche Unternehmen arbeiten heute an der Reduktion ihrer Emissionen, entwickeln neue Ansätze und investieren in klimafreundliche Lösungen. Die Klimaschutzmassnahmen stossen dabei oft tiefgreifende strukturelle Veränderungen im Betrieb an – von der Energieversorgung über das Geschäftsmodell bis hin zur Produktgestaltung.

Die wichtigsten Erkenntnisse

  1. Deutliche Emissionsreduktionen sind möglich: Die grosse Mehrheit hält die Erreichung des Netto-Null-Ziels bis 2050 für machbar und hält an Klimazielen fest.
  2. Elektrifizierung ist und bleibt in vielen Bereichen das Mittel der Wahl zur Dekarbonisierung. Das bestätigen die Erkenntnisse zu industrieller Prozesswärme und Mobilität.
  3. Bezüglich der Kreislaufwirtschaft stehen insbesondere regulatorische Vorgaben in vielerlei Hinsicht in der Kritik – die Politik ist entsprechend in der Pflicht. Bisherige Strategien beinhalten vor allem Massnahmen zur Steigerung der Langlebigkeit, Ressourceneffizienz und Reparierbarkeit.
  4. Unternehmensübergreifende Massnahmenpakete und überzeugendes Commitment von CEOs und Verwaltungsrät*innen sind entscheidende Erfolgsfaktoren.

Mit Best Practices zum Netto-Null-Ziel

Grundsätzlich ist ein klarer Gestaltungswille erkennbar und viele Klimaschutzmassnahmen wurden bereits umgesetzt. Rund zwei Drittel der Unternehmen, die Prozesswärme nutzen, haben erste Produktionsschritte dekarbonisiert, etwa durch elektrische Einbrennöfen, Wärmepumpen oder die Nutzung von Abwärme. Der Sonnenschutzhersteller Griesser beispielsweise betreibt ihre neue Pulverbeschichtungsanlage mit Photovoltaik-Strom, elektrischer Wärmeerzeugung und einem integrierten Wärmerückgewinnungssystem, womit eine Energieeinsparung von 25 % ermöglicht wird und sämtliche Produktionsemissionen eliminiert werden konnten.

Auch im Mobilitätsbereich handeln Unternehmen ambitioniert, wobei die Lösung oftmals über die Elektrifizierung führt. So hat beispielsweise Coca-Cola HBC Ende 2024 seine gesamte Aussendienstflotte auf E-Mobilität umgestellt und spart damit jährlich rund 700 Tonnen Kohlenstoffdioxid (t CO2). V-ZUG setzt auf ein ausgeklügeltes Mobilitätskonzept mit interner CO2-Bepreisung, Mobilitätsbudget und elektrischen LKWs, finanziert durch einen unternehmenseigenen Klimafonds. Darüber hinaus fördern zahlreiche Unternehmen die Pendler*innenmobilität durch Abonnemente für den öffentlichen Verkehr, Veloinfrastruktur oder Boni für autofreie Anreisen.

Im Bereich Kreislaufwirtschaft zeigt sich eine grosse Bandbreite an Massnahmen: vom Einsatz von Rezyklat über zirkuläres Produktdesign bis hin zu As-a-Service-Modellen und Rückgabesystemen. So werden Rücklaufquoten erhöht und neue Geschäftsmodelle, etwa durch den Weiterverkauf gebrauchter Produkte, erschlossen

Technologische Grenzen, hohe Investitionskosten, komplexe Regulierungen und begrenzter Einfluss auf Scope-3-Emissionen erschweren den Wandel. Besonders kleinere Unternehmen benötigen gezielte Unterstützung, sei es in Form von Förderprogrammen, verlässlichen politischen Rahmenbedingungen oder vereinfachten Standards.

Gleichzeitig zeigt sich, dass die Unternehmen die Herausforderungen differenziert betrachten und sich auch komplexen Problemen bei der Dekarbonisierung stellen. Viele setzen sich aktiv mit Carbon Pricing, Nachhaltigkeitsreporting oder CO2-Entfernung auseinander. Die Mehrheit der Befragten ist zuversichtlich, bis 2050 das Netto-Null-Ziel zu erreichen, und zwei Drittel haben sich bereits an der Science Based Targets initiative (SBTi) orientiert oder konkrete Ziele gesetzt.

Diese Studie versteht sich nicht nur als Bestandsaufnahme, sondern auch als Impuls. Die Praxisbeispiele liefern wertvolle Anknüpfungspunkte für andere Unternehmen, um die Dekarbonisierung im eigenen Betrieb voranzutreiben. Die Best Practices zeigen, wie ambitionierter Klimaschutz und wirtschaftliches Handeln Hand in Hand geht. Entscheidend ist nun, dass diese Pioniertaten in der Breite Anwendung finden. Die Politik ist dabei gefordert, klare Leitplanken zu setzen, Innovationsräume zu schaffen und die Transformation hin zum Netto-Null-Ziel gezielt zu begleiten.

Die Dekarbonisierung in Schweizer Unternehmen ist machbar – wenn wir voneinander lernen, Verantwortung übernehmen und gemeinsam an Lösungen arbeiten.