Klimawende trotz Zeitenwende – swisscleantech Dialog 2025


Mit rund 500 Teilnehmer*innen war der diesjährige swisscleantech Dialog der grösste Anlass der Verbandsgeschichte. Das ist speziell in diesen geopolitisch anspruchsvollen Zeiten ein starkes Zeichen. Unter dem Titel «Klimawende trotz Zeitenwende» wurden die Herausforderungen für den Klimaschutz offen diskutiert, aber auch aufgezeigt, wie in der Schweiz Wohlstand und Klimaschutz einhergehen können. Damit die Schweiz ihr Netto-Null-Ziel erreicht, benötigt es weiterhin viel Engagement von Unternehmen und bessere Rahmenbedingungen, damit sich klimataugliches Wirtschaften lohnt. Wie zahlreiche Redner*innen dargelegt haben, trägt diese Umsetzung zur Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft bei.

Einleitend machte Marcel Winter, Co-Präsident von swisscleantech klar, wo der Verband die aktuellen Herausforderungen sieht: «Als klimataugliche Wirtschaft setzen wir uns dafür ein, die geplanten Rückschritte des Bundesrates in der Klimapolitik zu verhindern. Die Streichung des Gebäudeprogramms oder die Abschaffung zum Eigenmietwert sind nur einige Beispiele dafür, wie die Erreichung des Netto-Null-Ziels der Schweiz bedroht wird.» Umso wichtiger ist die Arbeit von swisscleantech für stabile regulatorische Rahmenbedingungen, die den Unternehmen Planungs- und Investitionssicherheit geben.

Eine Umfrage unter den swisscleantech Mitgliedern zeigte denn auch: Nationale und internationale regulatorische Unsicherheiten beschäftigen, das Commitment der Unternehmen bleibt aber hoch. Fabian Etter, Co-Präsident swisscleantech erläuterte: «86% der befragten Unternehmen halten an den definierten Zielen fest oder erhöhen diese gar. Gleichzeitig braucht es aber stärkere Anreize, damit klimafreundliche Produkte und Services vermehrt nachgefragt werden.» Ein höherer Preis auf CO2 oder die Stärkung der Nachhaltigkeitsaspekte in der öffentlichen Beschaffung sind Hebel, an denen swisscleantech arbeitet, um diese Nachfrage zu erhöhen.

Politik steht in der Verantwortung

Diese Forderungen der swisscleantech-Mitglieder waren zentraler Bestandteil der Debatte zwischen Jürg Grossen (Nationalrat GLP), Marionna Schlatter (Nationalrätin Grüne) und Susanne Vincenz-Stauffacher (Nationalrätin FDP und Vorstandsmitglied swisscleantech) zu aktuellen Brennpunkten in der Energie- und Klimapolitik. Schnell wurde klar, dass sich die Panelist*innen beispielsweise bei der Gewichtung zwischen Subventionen und Lenkungsabgaben in der Klimapolitik oder der Schutz-Nutzen-Abwägung beim Bau von erneuerbaren Energien nicht einig sind. Deutlich wurde aus dem Gespräch: Mit einfachen Lösungen werden wir die komplexen politischen Herausforderungen wie das Netto-Null-Ziel nicht erreichen. Es braucht von Links bis Rechts die Bereitschaft, von den eigenen Forderungen abzuweichen und Kompromisse zu suchen, um beispielsweise beim Ausbau der Stromproduktionsanlagen zugunsten der Winterversorgung endlich vorwärtszukommen.

Auch in geopolitisch schwierigen Zeiten am Netto-Null-Ziel festhalten

Julia Binder, Direktorin des IMD Center for Sustainable and Inclusive Business, erläuterte in ihrer Keynote, dass es sich gerade in geopolitisch anspruchsvollen Zeiten lohnt, den Weg zu Netto-Null konsequent zu verfolgen. In der Vergangenheit hätten viele Unternehmen zwar Klimaziele angekündigt, aber zu wenig in deren Umsetzung investiert. Das aktuelle geopolitische und wirtschaftliche Umfeld hat zu einem verstärkten Realismus in der Umsetzung von unternehmerischen Klimaschutzmassnahmen geführt; dies steigere die Glaubwürdigkeit der Wirtschaft und ihre Klimaziele.

Auch in der Diskussion mit Gustav Baldinger, CEO von PwC Switzerland und Flavia Zimmermann, Nachhaltigkeitsverantwortliche von Siemens Schweiz wurde vertieft, was es braucht, damit Klima weiterhin eine Priorität der Wirtschaft bleibt. Zentral sind eine auf langfristige Ziele ausgerichtete Unternehmensführung sowie mehr Kooperationen mit Lieferant*innen und Kund*innen. Gleichzeitig betonten alle Panelist*innen, dass der Zusammenhang zwischen einem Netto-Null-Ziel und der Resilienz, Energiesicherheit und Wettbewerbsfähigkeit stärker aufgezeigt werden muss. So kann beispielsweise die Stärkung der Kreislaufwirtschaft die Abhängigkeit von seltenen Erden und anderen Rohstoffen reduzieren – das ist gerade in der Schweiz als rohstoffarme Nation zentral.

Deutlicher Ausbau der erneuerbaren Energien und Integration in europäischen Strommarkt

Einen imaginären Rückblick aus dem Jahr 2035 wagte Christian Zeyer, Co-Geschäftsführer von swisscleantech. Er kam zum Schluss, dass die Grundlage für eine erfolgreiche Umsetzung der Dekarbonisierung der Wirtschaft in den 2020er Jahren gelegt wurde: Das technische Rüstzeug für eine umfassende Elektrifizierung wurde in diesen Jahren etabliert, muss aber weiterentwickelt werden, wenn wir die Ziele erreichen wollen. Entscheidend für den weiteren Erfolg sei der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien gemäss dem angenommenen Stromgesetz von 2024 genauso wie die vollständige Integration in den europäischen Strommarkt.

swisscleantech-Mitglieder arbeiten zusammen und treiben Innovationen voran

Dass dieser positive Rückblick aus der Zukunft begründet ist, stellten auch die vielen Unternehmen unter Beweis, welche während dem swisscleantech Dialog 2025 ihre Lösungsansätze und Innovationen präsentierten. WWF und Lidl zeigten neben vielen weiteren auf, wie sie dank ihrer Kooperation beispielsweise durch das Verbot von Luftfracht bei Gemüse und Früchten oder der Sensibilisierung von Kund*innen Fortschritte bei der Umsetzung der Lidl-Klimaziele erzielt haben. Auch innovative, noch wenig bekannte Ansätze wurden präsentiert. Dazu gehörten die Schaffung von virtuellen Kraftwerken durch die Bündelung von Photovoltaik-Anlagen von Helion, der Bau einer CO2-Logistikinfrastruktur von CO2-Pipeline AG oder das Recycling von nuklearen Abfällen von Transmutex.