Fünf Schritte zum Schweizer Netto-Null-Ziel: Jetzt beginnt die eigentliche Arbeit!


Mit der Annahme des Klimagesetzes und damit der gesetzlichen Festschreibung des Netto-Null-Ziels für die Schweiz bis 2050 konnte auch eines der wichtigen Ziele von swisscleantech erreicht werden. Aber für uns wie auch für die Schweiz beginnt die eigentliche Arbeit für die Erreichung des Netto-Null-Zieles erst. Damit die diversen Herausforderungen gemeistert werden, müssen wir in der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft endlich die Bremsen lösen und konkrete Massnahmen umsetzen.

Fotografie: Mattias Milos

Der 18. Juni 2023 mit dem deutlichen Ja zum Klimagesetz ist für die klimataugliche Wirtschaft ein denkwürdiges Datum und wird uns noch lange in guter Erinnerung bleiben. Nicht nur ging damit eine intensive Kampagnenzeit zu Ende, in der wir uns mit viel Zeit und Mittel für das Ja eingesetzt haben. Mit der gesetzlichen Festschreibung des Netto-Null-Ziels bis 2050 sowie weiterer Zwischenziele konnte auch eines der wichtigen Ziele von swisscleantech erreicht werden. Aber für uns wie für die Schweiz beginnt die eigentliche Arbeit für die Erreichung des Netto-Null-Zieles erst.

Die Herausforderungen in der politischen und praktischen Umsetzung sind zahlreich, aber sie sind lösbar. Dafür gilt es nun in der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft die Bremsen zu lösen und konkrete Massnahmen umzusetzen. Dafür schlagen wir folgende fünf Schritte vor:

1.

Breite Aufklärungsarbeit für klimapolitische Massnahmen

Nachdem die Stimmbevölkerung im Sommer 2021 mit dem Nein zur Totalrevision des CO2-Gesetzes konkrete Massnahmen in der Klimapolitik bis 2030 abgelehnt hat, sagten nun mit dem Klimagesetz rund 60% Ja zu langfristigen Zielen und einigen wenigen Förderinstrumenten. Das sind doch 40% der Stimmbevölkerung, die Nein gesagt haben. Auch einige Kantone haben die Vorlage abgelehnt. Das zeigt uns: Es gibt immer noch viel Skepsis in der Bevölkerung.

Es ist bereits jetzt klar, dass wir auch in kommenden Jahren über die Schweizer Klimapolitik abstimmen werden. Für eine mögliche Referendumsabstimmung kommt bereits die hängige Revision des CO2-Gesetzes in Frage, die konkretere Massnahmen zur Halbierung unserer Treibhausgasemissionen bis 2030 beinhaltet. Für ein Ja zu dieser Revision oder anderen klimapolitischen Vorlagen braucht es nicht nur eine mehrmonatige Abstimmungskampagne, sondern eine stetige Aufklärungsarbeit, die darüber hinausgeht und auf welcher eine Kampagne aufbauen kann. Auch die Wirtschaft muss dabei ihre Rolle spielen: Sie kann glaubwürdig aufzeigen, wie sich politische Entscheide in der Praxis positiv für den Klimaschutz auswirken – dazu gehört beispielsweise die Ausweitung der bewährten Zielvereinbarungen mit Unternehmen. Wir verstehen das auch als Auftrag an swisscleantech, um als Wirtschaftsverband die Öffentlichkeit besser zu informieren, und beispielsweise aufzuzeigen, warum es auch Lenkungsabgaben braucht, wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen.

2.

Erweiterung der bestehenden klimapolitischen Instrumente

Nebst einem besseren Verständnis und erhöhter Akzeptanz von klimapolitischen Massnahmen braucht es auch eine Erweiterung der Instrumente. swisscleantech wird sich im Parlament dafür einsetzen, dass in der bereits in der Beratung stehenden Revision des CO2-Gesetzes das Ambitionslevel bis 2030 gesteigert wird. Damit das Ziel des Inkrafttretens ab 2025 nicht gefährdet wird, braucht es aber in erster Linie eine mehrheitsfähige Vorlage, die die bestehenden Massnahmen wie die CO2-Abgabe auf Brennstoffen verlängert. So ermöglichen wir, dass die Schweiz auf dem Weg zu Netto-Null ein wichtiges Etappenziel erreicht. Die Arbeiten für ein weiteres klimapolitisches Massnahmenpaket mit Umsetzungszielen bis 2040 werden ebenfalls bald in Angriff genommen. Auch da wird sich swisscleantech für einen ausgewogenen Massnahmenmix einsetzen – dazu gehören unter anderem Grenzwerte, Lenkungs- und Förderinstrumente. Sonst bleiben die langfristigen Ziele reine Lippenbekenntnisse. Wir sehen dabei prioritär weitergehende Massnahmen im Bereich der Gebäude, des Verkehrs sowie den Negativemissionen.

3.

Sichere Stromversorgung dank Ausbau der erneuerbaren Energien

Der erfolgreiche Weg zu Netto-Null wird unweigerlich über den breiten Ausstieg aus den fossilen Energien hin zu einer stärkeren Elektrifizierung der Gebäude und der Mobilität führen. Dafür sind ein massiver Ausbau der inländische Stromproduktion sowie starke Effizienzgewinne notwendig. Die Verabschiedung des Mantelerlasses für den Ausbau der erneuerbaren Energien wird die politischen Grundlagen dafür schaffen. swisscleantech setzt sich unter anderem dafür ein, dass wir diese Transformation dank der Unterstützung von innovativen, schlauen Lösungen sicher bewerkstelligen. Das betrifft mitunter die Nutzung der E-Mobilität als Speicher oder den diskriminierungsfreien und fairen Zugriff auf die Strommessdaten. Diese sind Grundvoraussetzungen für innovative Geschäftsmodelle und für grössere Transparenz im Stromnetz.

4.

Gleichgewicht zwischen Schutz der Biodiversität und Nutzen zur Stromproduktion

Der notwendige Ausbau der inländischen Stromproduktion mit erneuerbaren Energien wird nur möglich, wenn auf breiter politischer und gesellschaftlicher Basis ein gemeinsamer Konsens gefunden wird. Die im Mantelerlass festgehaltenen Ausbauziele von 45 TWh bis 2050 werden jedoch nur erreicht, wenn wir bei der Abwägung von Schutz der Biodiversität und Nutzen zur Stromproduktion ein besseres Gleichgewicht finden. Solange eine kleine, aber laute Minderheit Windkraftanlagen oder Ausbauten von Wasserkraftwerken jahrelang oder gar jahrzehntelang durch Einsprachen blockiert, kann der Ausbau der erneuerbaren Energieversorgung nicht erfolgreich sein. Dieser darf aber auch nicht allein auf Kosten der Biodiversität gehen. Darum setzt sich swisscleantech dafür ein, dass die Interessenabwägung weiterhin sichergestellt wird, die Verfahren aber beschleunigt werden.

5.

Europäische Einbindung statt Alleingang

In der öffentlichen Debatte über unsere Energieversorgung wird oft vergessen, dass die europäische Einbindung ein Schlüssel für das Funktionieren unseres Systems ist. Eine autarke Strom- bzw. Energieversorgung bleibt illusorisch und wäre volkswirtschaftlich völliger Unsinn. Umso wichtiger ist es, dass aussen- und innenpolitisch die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit die Schweiz in den europäischen Strommarkt integriert wird. Dazu braucht es die Regelung der institutionellen Fragen mit der EU und eine vollständige Strommarktöffnung. Bei Letzterer werden wir uns dafür einsetzen, damit sie auch in Zukunft in der politischen Diskussion präsent bleibt, auch wenn sie aktuell auf die lange Bank geschoben wurde.

 

 

swisscleantech ist optimistisch, dass diese Herausforderungen gemeistert werden können. Dafür werden wir uns als Verband, aber auch in verschiedenen Allianzen mit anderen Akteuren einsetzen.