CO2-Entfernung – das Wichtigste in Kürze

Bei der CO -Entfernung (Engl. Carbon Dioxide Removal (CDR) – oft auch Negativemissions­ technologien (NET)) wird CO2 aus der Atmosphäre entfernt und dauerhaft im Untergrund, im Boden, in Ozeanen oder in Produkten gespeichert. Damit vermindern sie den CO2-Gehalt der Atmosphäre.

Emissions-Kompensationen zählen nicht zur CO2-Entfernung:

Klassische Kompensationen sind Projekte, in denen der CO2-Ausstoss an einer anderen Quelle vermindert bzw. verhindert wird. Kompensationen reichen zur Erreichung des Netto-Null­-Zieles nicht aus, da immer Restemissionen übrigbleiben.

Ein neuer globaler Milliarden-Markt entsteht

Momentan steckt der Markt für CO2­-Entfernung noch in den Kinderschuhen. Es braucht ein exponentielles Wachstum, damit die benötigten Kapazitäten rechtzeitig zur Verfügung stehen werden.1

Je nach Methode und Anbieter bezahlt man heute für eine Tonne entferntes CO2 100 bis über 1000 Dollar – deutlich mehr als bei konventionellen Kompensations­zertifikaten. Bei einem langfristigen Preis von durchschnittlich 200 USD/t CO2 entspräche dies einem Umsatz von 1300 Milliarden US-Dollar pro Jahr.

Welche Rolle spielen Unternehmen im Markt für CO2-Entfernung?

  1. Bei schwer vermeidbaren Emissionen verhilft nur CO2­-Entfernung zu netto null.
  2. Qualitativ hochwertige Entfernungsprojekte halten Reputationsrisiken klein.
  3. Eine Firma kann sogar beschliessen, netto negativ zu werden und so die Emissionen aus der Vergangenheit zu entfernen.

Wie kann das Engagement eines Unternehmens aussehen?

Damit die Skalierung von CO2­-Entfernung gelingt, müssen auch die Preise sinken. Dazu braucht es mehr Kunden und grössere Investitionssicherheit für die Anbieter. Private Unternehmen leisten einen wichtigen Beitrag sowohl als Anbieter als auch als Abnehmer von CO2­-Entfernung.

Wo CO2 aus Biomasse in der Produktion anfällt, kann dies künftig abgeschieden, gespeichert und die Zertifikate dafür verkauft werden. Es können aber auch unabhängig vom Geschäftsmodell eigene Projekte aufgebaut werden. Wer Zertifikate kauft, tut dies heute meist mithilfe externer Beratung oder schliesst sich einem der bestehenden Käufer­klubs an (NextGen, Frontier).

Wie Firmen sich bereits heute für NET engagieren2

«Bis 2030 werden die bisherigen CO2-Vermeidungszertifikate schrittweise durch CO2-Entfernungszertifikate ersetzt, finanziert mittels eines internen CO2-Preises. Die Zertifikate bezieht Swiss Re von strategischen Partnern via langfristige Abnahmeverträge, oder vom Käuferklub NextGen, welcher von Swiss Re mitgegründet wurde.»

«Mit dem Ziel des Aufbaus eines Neutralisationsportfolios wurde im August 2022 die Post CDR AG gegründet. Die Post hat sich für eine ‹MakeStrategie› mit vorläufigem Fokus auf Nature Based Solutions (NBS) entschieden (…). Gleichzeitig nimmt die Post auch technologiebasierte CDR-Lösungen im Portfolio auf, um deren Entwicklung und Verbreitung – insbesondere auch in der Schweiz – zu fördern.»

«(…) Darüber hinaus neutralisieren wir aktuell und zukünftig unsere verbleibenden Emissionen (…). Ab 2030 wechseln wir zu 100% ‹carbon removal›-Projekten und haben dafür in der Schweiz bereits einen Dienstleistungsvertrag mit Climeworks unterzeichnet, mit dem wir bereits bis 2030 Emissionen aus der Atmosphäre entfernen lassen.»

Die wichtigsten Methoden

CO2-­Entfernung besteht aus den Schrit­ten Abscheidung aus der Luft, Ver­arbeitung, Transport und Lagerung. Für alle Schritte sind heute technische Lösungen vorhanden, es bestehen aber auch Herausforderungen. In der Schweiz sind die Möglichkeiten für die Lagerung von CO2 begrenzt. Darum ist die Zusammenarbeit mit dem Aus­land wichtig.

Vier wichtige Schritte für die Zukunft

Regulatorische Hürden vermindern

  • Die regulatorischen Anforderungen müssen geklärt werden. Es braucht klare, international abgestimmte Qualitätsanforderungen über die ganze Produktionskette.

Förderung der heimischen CO2-Entfernungswirtschaft auf zwei Schwerpunkten

  • Naturbasierte Lösungen aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung wie Pflanzenkohle oder langlebige holzbasierte Produkte.
  • Abfallverbrennung und Zementproduktion sind wichtige Punktquellen für CO2. Dieses CO2 abzusondern und zu lagern, erzeugt dank des biogenen Brennstoffanteils negative Emissionen und fördert die notwendige Infrastruktur für die CO2­-Entfernung.

Anbindung an die internationale Transport- und Speicherinfrastruktur

  • Dazu sind konkrete Projekte wie auch inter­nationale Abkommen und klare Regelungen zur Anrechenbarkeit notwendig.

Anreize für die Wirtschaft schaffen: Einführung des Verursacherprinzips

  • Der CO2­-Preis muss die externen Kosten widerspiegeln.
  • CO2­-Entfernung muss im Emissionshandel anrechenbar werden.

1 2050: Berechnungen gemäss IPCC 1.5 Grad Szenario, 2021: vgl. cdr.fy

2 Alle aufgeführten Unternehmen haben Netto­-Null-Ziele sowie Zwischenziele und entfernen lediglich die schwer verhinderbaren Restemissionen mit CO2-Entfernung – die genannten Partner/Unternehmen werden hiermit nicht beworben.

3 Carbon Capture & Storage

4 vgl. cdr.fy. Die Datenlage ist aktuell jedoch noch ungenügend und die Spannbreite der Kosten entsprechend hoch.

Stellungnahme zur Klimaschutzverordnung

Rechtsunsicherheit

Wir stellen fest, dass die Formulierungen für eine Verordnungsebene insgesamt sehr generisch sind. Daraus ergibt sich eine Definitionsmacht auf der Stufe von Weisungen, die durch die Verwaltung noch zu verfassen sind. Da solche Weisungen ohne Einbezug der Stakeholder erstellt werden, ergibt sich aus der aktuell vorliegenden Verordnung eine erhebliche Rechts- und Planungsunsicherheit. Da die KIV insgesamt CHF 2.4 Mia. an Fördermittel verteilt, ist dieser Umstand bedenklich und muss korrigiert werden.

Rechtsunsicherheiten ergeben sich bezüglich

  • Technologien, welche für Fördermittel angemeldet werden können
  • Reifegraden von Technologien und deren Einschätzung
  • Aufteilung der Mittel zwischen CO2-Entfernung und Emissionsreduktionen

Wirkungsabschätzung vs. Zugang zu Fabrikations- und Geschäftsgeheimnissen und Datenschutz

Es ist nachvollziehbar, dass es für die beurteilenden Behörden wichtig ist, eine korrekte Wirkungsabschätzung vorzunehmen. Gleichzeitig ist es verständlich, dass Firmen die Gewissheit haben müssen, dass ihre Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse trotz der Eingabe gewahrt bleiben. Wir regen an, dass das Thema Datenschutz in der Verordnung adressiert wird.

Zugang für KMU zu Finanzmitteln

Verschiedentlich hat die verantwortliche Behörde dargelegt, dass sie darauf abzielt, möglichst wenige, dafür grossen Projekteingaben zu erhalten. Entsprechend ist die Verordnung so aufgebaut, dass der Zugang zu Fördergeldern für KMU erschwert ist. Anders als der Bundesrat sehen wir die Grundlage dafür nicht durch die parlamentarischen Verhandlungen gegeben. Wir verstehen, dass das BAFU in Bezug auf die Behandlung der Gesuche beschränkte Möglichkeiten hat. Der faktische Ausschluss der KMU darf aber nicht durch mangelnde Kapazitäten für die Verarbeitung begründet werden.

Wir regen an, dass das BAFU eine separate Möglichkeit schafft, wie KMU unbürokratisch Zugang zu Finanzmitteln erhalten. Um die Administration zu vereinfachen, könnte für diesen Prozess ein Rahmenvertrag an die beiden Effizienzagenturen ACT und ENAW oder andere geeignete Körperschaften vergeben werden.

Umsetzung Art. 9 und 10 des Klimaschutzgesetzes (KlG)

Mit Erstaunen stellen wir fest, dass die Umsetzungen von Art. 9 und 10 gar nicht oder nur sehr rudimentär vorgenommen werden. Wir halten fest, dass sowohl die Ausgestaltung der Finanzflüsse wie auch die Vorbildwirkung des Bundes wichtige Hebel darstellen. Es ist deshalb wichtig, dass ambitionierte Vorgaben verabschiedet werden. Wir werden die Ausgestaltung der Richtlinien zu den Finanzflüssen im Rahmen anderer Gesetze gerne begleiten. Bezüglich der Verordnung zu Art. 10 erwarten wir Ihre Ausführungen so bald wie möglich. Das Ziel, die CO2-Neutralität bis 2040 zu erreichen, ist ambitioniert und erlaubt keine Verzögerungen.

Eine durchzogene Bilanz auf dem Weg zu Netto-Null – Rückblick auf die Frühlingssession

Enttäuschendes CO2-Gesetz bis 2030

Das vom Parlament verabschiedete CO2-Gesetz für die Zeit bis 2030 ist enttäuschend. Damit ist definitiv klar, dass die Schweiz ihr Ziel – die Halbierung der Treibhausgasemissionen bis 2030 – nur mit vielen Auslandkompensationen erreichen wird. Dies widerspricht dem deutlichen Ja zum Klimaschutzgesetz.

Enttäuschend ist speziell der Verzicht auf eine Erhöhung der CO2-Abgabe auf Brennstoffen in Kombination mit einem klaren Inlandziel. Das Parlament schwächt damit eines der effektivsten Instrumente der Schweizer Klimapolitik und verschlechtert die Finanzierungsgrundlage des Gebäudeprogrammes. Wir haben uns für eine Erhöhung eingesetzt, da Lenkungsabgaben in der Wirtschaft breit akzeptiert sind und im Sinne der Kostenwahrheit dazu beitragen, dass stärker in klimafreundliche Technologien investiert wird. Erfreulich ist immerhin, dass das Parlament die Rückverteilung der Lenkungsabgabe bei zwei Dritteln belässt und somit einen Grossteil der Einnahmen an Bevölkerung und Wirtschaft zurückverteilt.

swisscleantech wird sich dafür einsetzen, dass nun rasch ambitioniertere Massnahmen in der Klimapolitik für die Zeit nach 2030 aufgegleist werden.


Stärkung der Kreislaufwirtschaft dank der Revision des Umweltschutzgesetz

Nach fast vier Jahren parlamentarischer Arbeit wurde in dieser Session die Revision des Umweltschutzgesetzes bereinigt. Damit wurde ein wichtiges regulatorisches Fundament für den Wandel hin zur Kreislaufwirtschaft gelegt, welches von swisscleantech stark geprägt wurde.

Explizit zu begrüssen sind die neuen Regelungen hinsichtlich der Abfallhierarchie. So wurde die Wiederverwendung deutlich bessergestellt, indem sie als eine Option in der Verwertung von Abfällen definiert wurde. Besonders erfreulich sind auch die neuen Regelungen zur Langlebigkeit von Produkten. Dank unseres grossen Engagements in der Koalition «Lang leben unsere Produkte» kann der Bundesrat künftig Anforderungen an die Lebensdauer, die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und die Reparierbarkeit von Produkten stellen.

Einige für swisscleantech wichtige Punkte wurden jedoch nicht aufgenommen. So setzten wir uns unter anderem für Grenzwerte für die grauen Emissionen von Bauwerken ein, die über den Lebenszyklus hinweg eingehalten werden müssen. Während diese Regelung keine Chance hatte, müssen die Kantone künftig zumindest Grenzwerte für die graue Energie bei Neubauten und wesentlichen Erneuerungen festlegen.

Doch die Arbeit ist damit nicht abgeschlossen: Jetzt ist die Wirtschaft gefordert, die neuen Chancen zu packen und ihren Innovationsgeist weiter unter Beweis stellen, damit möglichst viele Produkte und Dienstleistungen kreislauffähig werden. Mehr zu dieser wichtigen Revision findest du in unserem Blogbeitrag.

CO2-Gesetz bis 2030 – Die Politik ignoriert den Auftrag des Klimaschutzgesetzes

Die Stimmbevölkerung hat im Sommer 2023 mit fast 60% dem Klimaschutzgesetz (KIG) zugestimmt. Damit ist das Ziel klar: Netto-Null bis 2050 mit einem linearem CO2-Absenkpfad – ein eindeutiger Auftrag für Wirtschaft und Politik. Damit dieses Ziel nicht bloss ein Lippenbekenntnis bleibt, braucht es auch wirksame Massnahmen. Das nun verabschiedete CO2-Gesetz wird diesem Auftrag nicht gerecht.

Die Analyse des swisscleantech Co-Geschäftsführers Michael Mandl am Ende der Beratung fällt darum kritisch aus: «Das Parlament hat es verpasst, die Grundlage für die CO2-Reduktion im Inland gemäss den Zielen des Klimaschutzgesetzes zu schaffen. Stattdessen wird noch stärker auf Klimamassnahmen im Ausland gesetzt. Dieser Ansatz ist mit Unsicherheiten bezüglich Wirkung und Kosten verbunden. Das ist nicht im Interesse der klimatauglichen Wirtschaft.».

Geringere Inlandwirkung führt zu Unsicherheiten

swisscleantech ist enttäuscht, dass sich die beiden Kammern bis zum Schluss nicht darauf einigen konnten, ein Inlandziel einzufügen. Damit wird der Auftrag der Bevölkerung aus dem angenommenen Klimaschutzgesetz nicht umgesetzt. Denn nur mit einer klaren Zielsetzung und den entsprechenden Massnahmen im Inland werden wir das Netto-Null-Ziel bis 2050 erreichen. Stattdessen setzt das Parlament noch stärker als der Bundesrat auf den Kauf von Emissionszertifikaten über Projekte im Ausland. Wie wir in einem Gastbeitrag in der NZZ darstellen, ist eine solche Strategie für die Schweiz aber mit diversen Risiken und Unsicherheiten verbunden.

Schwächung der Lenkungswirkung

Enttäuschend ist auch der Verzicht auf eine Erhöhung der CO2-Abgabe auf Brennstoffen. Das Parlament schwächt damit eines der effektivsten Instrumente der Schweizer Klimapolitik und verschlechtert die Finanzierungsgrundlage des Gebäudeprogrammes. swisscleantech hat sich im parlamentarischen Prozess für eine Erhöhung eingesetzt, da Lenkungsabgaben in der Wirtschaft breit akzeptiert sind und dazu beitragen, dass stärker in klimafreundliche Technologien investiert wird.

Erfreulich ist immerhin, dass das Parlament die Rückverteilung der Lenkungsabgabe bei zwei Dritteln belässt und somit einen Grossteil der Einnahmen an Bevölkerung und Wirtschaft zurückverteilt. Das ist ein wichtiger Beschluss, um die Akzeptanz von Lenkungsabgaben zu gewährleisten. In diesem Kontext wurde erfreulicherweise ein von swisscleantech lancierter Vorstoss zur Neuregelung der Rückverteilung angenommen. Ein wichtiger Schritt, um die Akzeptanz dieses Instruments zu vergrössern.

Ausweitung der Zielvereinbarungen für Unternehmen

Positiv ist ebenfalls, dass mit der Revision die Rahmenbedingungen für die Weiterführung des Emissionshandels und der Zielvereinbarungen verbessert werden. Neu können alle Unternehmen individuelle Verminderungsverpflichtungen abschliessen und so einen effektiven Beitrag zugunsten der Dekarbonisierung der Wirtschaft zu leisten. Damit erhält die Wirtschaft zumindest bis 2030 mehr Planungs- und Investitionssicherheit.

Keine Ambition im Strassenverkehr

Ein gemischtes Bild ergibt sich im Strassenverkehr. Bei den Zielwerten für die Neuwagenflotten hat sich das Parlament stark an der EU-Regulierung orientiert. Damit wird ein Schweizer Alleingang verhindert, aber auch eine wenig ambitionierte Lösung gewählt. Immerhin wurde sichergestellt, dass mit der fokussierten Anrechnung von synthetischen Treibstoffen an die Flottenziele ein Anreiz geschaffen wird, in den Import beziehungsweise die Produktion solcher alternativen Treibstoffe zu investieren.

Enttäuschend ist der Beschluss des Parlaments, die Unterstützung der Basisinfrastruktur für die Elektromobilität von 20 Millionen Franken pro Jahr aus der Vorlage zu streichen. Damit wird eine Chance verpasst, eine wichtige Grundlage für die Dekarbonisierung des Strassenverkehrs zu schaffen. Speziell in Mehrparteiengebäuden und Büroräumlichkeiten besteht Handlungsbedarf. Nun sind die Kantone am Zug und müssen entsprechende Anreize schaffen sowie Investitionen tätigen.

Keine Investitionssicherheit im Güterstrassenverkehr

Während der gesamten Revision des CO2-Gesetzes hat sich swisscleantech intensiv für die Investitionssicherheit und Technologieoffenheit im Güterstrassenverkehr engagiert. Unser Ziel war es, dass Fahrzeuge mit elektrischem oder mit erneuerbaren Treibstoffen betriebenem Antrieb befristet von der LSVA entlastet werden. Leider hat das Parlament entschieden, am Status Quo festzuhalten. Die LSVA-Befreiung für E- und H2-LKW bleibt somit auf Verordnungsstufe geregelt. Die Rechtsunsicherheit für die grüne Logistik bleibt damit bestehen. Wir werden daher das Thema im Rahmen Vernehmlassung zur Weiterentwicklung der LSVA ab 2031 wieder aufnehmen.

International abgestimmte Lösungen im Luftverkehr

Klimapolitische Massnahmen im Luftverkehr brauchen eine internationale Einbindung. Darum ist es auch richtig, dass das Parlament eine Beimischquote für erneuerbare Flugtreibstoffe in der Schweiz gemäss der EU festlegt. Wichtig ist aber, dass sich die Schweiz in der Umsetzung an technologisch innovativen Ländern wie zum Beispiel Deutschland orientiert, wie dies auch im Nationalrat gefordert wurde.

Frühzeitig ambitionierte Massnahmen nach 2030 aufgleisen

Es ist jetzt schon klar, dass wir mit diesem Gesetz 2030 nicht auf Zielpfad gemäss der Netto-Null-Zielsetzung sein werden. Umso wichtiger ist es, dass frühzeitig mit den Arbeiten für die Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Periode von 2030 bis 2040 begonnen wird. swisscleantech wird sich dafür einsetzen, dass für diese Etappe rasch ambitioniertere Massnahmen aufgegleist werden und dabei die Kostenwahrheit – beispielsweise über eine Ausweitung der Lenkungsabgabe – sowie der Fokus auf Massnahmen im Inland im Zentrum stehen.

Über den (Un-)Sinn von Klimaschutzprojekten – Interview mit Jürg Füssler

Unter Klimakompensationen verstand man bis vor kurzem die Idee, dass der Ausstoss von klimaschädlichen Emissionen kompensiert werden könne, indem an anderer Stelle (meist in anderen Ländern zu günstigeren Konditionen) Emissionen eingespart werden. Grundvoraussetzung dafür ist, dass diese Einsparung nicht an zwei Orten angerechnet werden darf: Neu haben sich mit dem Übereinkommen von Paris praktisch alle Länder zu eigenen Klimazielen verpflichtet. Um Zertifikate für Kompensationszwecke von Unternehmen am freiwilligen Markt[1] zu nutzen, dürften sie eigentlich nicht dem Ziel der Länder angerechnet werden, wo das Klimaschutzprojekt durchgeführt wird – sondern nur dem Ziel des Auftraggebers. Diese Differenzierung ist momentan noch nicht umgesetzt und bringt die Kompensationslogik ins Wanken.

Weiter steht die Qualität von Zertifikaten in der Kritik. Die Emissionsminderung aus Klimaschutzprojekten wird abgeschätzt und für die ausgewiesenen Reduktionen werden Zertifikate ausgestellt. Deren Verkauf spielt die Finanzmittel für die Umsetzung der Projekte ein. Wird diese Wirkungsabschätzung korrekt durchgeführt, steht dem Zertifikat eine effektive Einsparung gegenüber. Auch diese Abschätzung ist mit beträchtlichen Unsicherheiten verbunden. Dass diesbezüglich einige Herausforderungen bestehen, hatte swisscleantech bereits 2017 festgehalten (zum Bericht). Weiteres Qualitätsmerkmal von Zertifikaten ist das Prinzip der «Additionalität»: Nur Reduktionsmassnahmen, die durch die zusätzlichen Finanzmittel aus dem Verkauf der Zertifikate durchgeführt werden konnten, sollen für Zertifikate zur Verfügung stehen – eine anspruchsvolle, aber notwendige Qualitätsanforderung. 

Die aktuelle Diskussion dreht sich vor allem um die Qualität von Forstprojekten. Die Quantifizierung von Kohlenstoffsenken des Waldes ist besonders anspruchsvoll, da der Umfang und die Dauerhaftigkeit der CO2-Speicherung abgeschätzt werden muss – dazu gehören Grundannahmen wie beispielsweise die zukünftige Abholzungsrate im Szneario ohne Projekt. Die Projektträger haben sehr viel Freiheiten in der Wahl der Annahmen und Berechnungsparameter, oft tendieren sie dazu, die tatsächliche Senkenleistung zu überschätzen. Vorbehalte bestehen aber auch bei Förderprojekten für erneuerbare Energien wie Wind und PV, wo die Technologiekosten in den letzten Jahren stark gesunken sind und wo die Einnahmen aus dem Verkauf von Zertifikaten oft zu klein sind, um für den Investitionsentscheid relevant zu sein.

Diese Kritik zeigt, dass Handlungsbedarf bei der Bilanzierung der Effekte von solchen Klimaschutzprojekten besteht. Deshalb arbeiten verschiedene Initiativen und Gremien daran, die Transparenz und Verlässlichkeit von Klimaschutzzertifikaten für den freiwilligen Markt zu erhöhen.

Jürg Füssler

Jürg Füssler, Geschäftsführer bei INFRAS, ist seit 20 Jahren ein prägender Experte im Zertifikatsmarkt. Er war lange Jahre Mitglied des CDM-Methodenrates (Clean Development Mechanism) der UN-Klimarahmenkonvention und ist Mitglied des Expertengremium des ICVCM (Integrity Council for the Voluntary Carbon Market). Der ICVCM fördert die Qualität von Emissionsgutschriften uns sorgt für echte und zusätzliche Treibhausgasminderungen.

Wie schätzt du die Qualität der Zertifikate, die momentan zur Klimakompensationszwecken gehandelt werden, ein?

Jürg Füssler: Aus unserer Arbeit und Analysen zeigt sich, dass heute die überwiegende Zahl der Projekte ein Qualitätsproblem aufweisen. Das bedeutet, dass ein Grossteil der Projekte die Emissionsreduktionen massiv überschätzt und vermutlich auch ohne die Gelder aus dem Zertifikatverkauf umgesetzt worden wären. Wir arbeiten auch für die Ratingagentur Calyx Global, welche versucht, die Qualität von solchen Projekten vergleichbar zu machen. Die Ratings zeigen, dass es bei allen Projekttypen grosse Qualitätsunterschiede gibt. Es sind nicht alle Forstprojekte schlecht, der Grossteil bewegt sich aber eher am unteren Rand des Ratingbandes. Es gibt aber vereinzelt auch gute Projekte. Es ist auch nicht so, dass man auf einen bestimmten Standard wie etwa Gold Standard oder Verra setzen kann: alle grösseren Standards, die wir untersuchten, weisen durchwegs eine grosse Zahl an Projekten mit tiefer Qualität auf. Gleichzeitig muss auch der Beitrag eines Projekts zu der Erreichung der Sustainable Development Goals in die Bewertung miteinbezogen werden. Insbesondere Forstprojekte schneiden dabei relativ gut ab.  

Ein Anliegen von dir ist, die Qualität der Projekte zu erhöhen, welche Ansätze gibt es dazu?

Käufer am Markt wissen zurzeit nicht mehr, was gut und was schlecht ist. Es gibt die Anstrengungen, über den Integrity Council for the Voluntary Carbon Market (ICVCM) ein neues Label für jene Projekte einzuführen, die die Mindestqualität der sogenannten Core Carbon Principles erreichen. Momentan ist gerade die Prüfung von unzähligen Projekttypen angelaufen. Das CCP-Label sollte künftig erlauben, qualitativ hochstehende Projekte einfach zu erkennen. Es ist allerdings noch unklar, wie hoch ICVCM den Qualitätsmassstab am Ende tatsächlich setzt.

Weshalb ist die Kritik an Zertifikaten gerade jetzt so laut geworden?

Der Markt für CO2-Zertifikate ist in den letzten 2-3 Jahren sehr stark gewachsen mit dem steigenden Interesse von Firmen, sich zu Reduktionszielen z.B. gemäss SBTi, zu verpflichten. Dadurch ist auch das öffentliche Interesse gewachsen. Davor hatte schlicht niemand ein Interesse, genauer hinzuschauen, denn es herrschte sowohl für die Käufer (günstige Erfüllung von Klimazielen) als auch für die Verkäufer (höhere Einnahmen) eine Win-Win-Situation, die sich ausserdem als «grün» vermarkten liess.

Macht es aus deiner Sicht trotzdem noch Sinn, als Unternehmen auf Zertifikate zu setzen? Und wenn ja unter welchen Umständen?

Aus meiner Sicht gibt es zwei Stossrichtungen, unter denen der Kauf von Zertifikaten Sinn machen kann. Einerseits braucht die Reduktion von Emissionen im eigenen Betrieb Zeit. Wenn eine Firma tatsächlich alle Anstrengungen unternommen hat, um die eigenen Emissionen zu reduzieren und einen Plan vorweist, wie sie ihre Emissionen bis 2050 auf null reduzieren wird, kann sie aus meiner Sicht für die aktuellen Restemissionen zusätzlich Zertifikate für eine beschränkte Zeit beschaffen. Wichtig ist der Kauf von qualitativ hochstehenden Zertifikaten für Massnahmen, die effektiv ohne die Gelder aus dem Zertifikatverkauf nicht umgesetzt worden wären (geprüft z.B. von einer guten Rating-Agentur oder einer Institution wie ICVCM). Diese Zertifikate sollten aber nicht zur Kompensation der eigenen Emissionen angerechnet werden (im Sinne des «Offsetting»), sondern als Beitrag an den internationalen Klimaschutz verstanden werden («Contribution Claim»), damit Länder mit weniger finanziellen Mitteln, ihre nationalen Klimaziele erreichen und im besten Fall übertreffen. Viele Anbieter von Zertifikaten bieten seit den letzten Monaten solche Contribution Claims an. Dies führt dazu, dass Firmen nicht mehr sagen, «wir sind klimaneutral», sondern ehrlich offenlegen müssen welche eigenen Anstrengungen sie unternehmen.

Contribution Claims

Mit dem Contribution-Claim-Ansatz wurde ein alternatives Modell zu etablierteren Klimakompensationen entwickelt, mit dem Unternehmen über private finanzielle Beiträge den globalen Klimaschutz fördern. Ein wesentlicher Unterschied zu Klimakompensationen besteht darin, dass Unternehmen die Emissionsminderungen nicht ihren eigenen Emissionen anrechnen können (und damit auch nicht ihrem Ziel der «Klimaneutralität»), sondern diese als «Klimafinanzierungsbeitrag» deklarieren und kommunizieren. Unternehmen übernehmen dadurch eine Klimaverantwortung und leisten einen wichtigen Beitrag zur Technologieentwicklung im Land, wo das Klimaschutzprojekt durchgeführt wird – und zum Klimaschutz als globales Anliegen.

Die Qualitätsanforderungen bleiben bestehen: Es muss also weiterhin sichergestellt werden, dass das Projekt nur durch die Finanzierungen aus dem Zertifikatsverkauf zustande gekommen ist (Prinzip der «Additionalität») und dass die Berechnung der Emissionsreduktionen und die Bewertung des Beitrags zur nachhaltigen Entwicklung in der Projektregion höchsten Qualitätsansprüchen genügt.

Andererseits wird es auch in Zukunft Emissionen geben, die nur schwer zu eliminieren sind. Diese kann man mit technischen Abscheidungen ausgleichen – wie zum Beispiel die Kohlenstoffabscheidung und -speicherung. Dafür besteht aus meiner Sicht ein Bedarf nach einem Zertifikathandel, damit die Nachfrage für diese neuen teuren Technologien steigt. Ein Argument für Firmen, sich schon heute hier zu engagieren, könnte sein, dass sie mit ihren Zertifikaten helfen, diese neuen Technologien weiterzuentwickeln.

Welche weiteren Ansätze siehst du für Unternehmen, die für ihre Restemissionen sinnvolle Massnahmen ergreifen möchten?

Ich unterstütze den Ansatz des WWF, der sagt, dass eine Firma zuerst seine eigenen Emissionen bilanzieren muss, dann so weit wie möglich reduzieren soll und dann die Klimakosten (social cost of carbon) der Restemissionen festlegen soll. Diese Kosten entsprechen den Schäden, die jede zusätzlich emittierte Tonne CO2 verursacht. Nach unseren Einschätzungen dürften diese Kosten heute bei rund 700CHF pro Tonne liegen. Einen Betrag in der Höhe der so geschätzten Klimakosten sollte die Firma dann in Contribution Claims aus guten Kompensationsprojekten investieren, eventuell auch in Technologien für die Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre oder in Projekte zur Anpassung an den Klimawandel in Entwicklungsländern.

Wie schätzt du persönlich die zukünftige Entwicklung des Zertifikatmarktes ein?

Aus meiner Sicht werden in den allermeisten Ländern ab ca. 2030 keine Zertifikate für Kompensationen oder Contribution Claims mehr generiert werden können, da alle Länder eigene Ziele erreichen müssen und die Reduktionen an deren eigene Ziel angerechnet werden sollen. Es bleiben dann noch die am wenigsten entwickelten Länder, denen die finanziellen Mittel für die Dekarbonisierung fehlen. Dort wird es meines Erachtens noch ein Potential für Contribution Claims geben. Damit könnte man diesen Ländern weiterhin helfen, ihre Ziele zu erreichen. Zertifikate für die CO2-Entfernung auf der anderen Seite werden aus meiner Sicht aber auch in Zukunft wichtig sein, um den sehr kleinen Teil an Restemissionen sehr teuer kompensieren zu können.

Empfehlungen von swisscleantech

Gute Klimaschutzprojekte stellen wichtige Weichen in Projektländern

Gute Klimaschutzprojekte leisten einen globalen Beitrag in Ländern des globalen Südens, damit sie ihre Netto-Null-Ziele schneller erreichen. Sie sollen als Klimafinanzierung verstanden werden und nicht als Kompensation eigener Emissionen. Zertifikate sollen also nicht die Reduktionen in der eigenen Wertschöpfungskette ersetzen, sondern sie ergänzen.

Schnelle und tiefe Emissionssenkungen anstreben

Um den globalen Temperaturanstieg effektiv auf 1,5°C zu begrenzen, müssen Unternehmen rasch wirksame und tiefgreifende Massnahmen ergreifen, um die Emissionen in der gesamten Wertschöpfungskette zu senken. Die Science-Based Targets Initiative (SBTi) unterstützt dabei zielführend: Die Initiative lässt Investitionen in Klimaschutzprojekte nur zusätzlich zu der eigenen Zielerreichung zu.

Weg vom Claim Klimaneutralität, hin zu Contribution Claims

Der auf Kompensationslogik basierende Claim «Klimaneutralität durch den Kauf von Zertifikaten» ist irreführend und gerät so auch aus regulatorischer und wettbewerbstechnischer Sicht zunehmend unter Druck. Immer mehr Anbieter von Klimaschutzzertifikaten vergeben diesen Claim nicht mehr, sondern weisen darauf hin, dass die Zertifikate zu Contribution Claims führen. Dies erlaubt es Unternehmen, weiterhin die Wirkung dieser unterstützen Projekte zu kommunizieren, jedoch nicht mehr, zu behaupten, dadurch Klimaneutralität der eigenen Aktivitäten zu erreichen. 

Augen auf bei der Qualität

Wie bei der Auswahl von Zertifikaten aus Klimaschutzprojekten muss auch bei Contribution Claims die Qualität der Projekte geprüft werden. Insbesondere sollte bei den Projekten sichergestellt werden, dass die Berechnung der Emissionsreduktion plausibel ist, sie die nachhaltige Entwicklung in den Ländern fördern und dass sie effektiv nur aufgrund der Finanzflüsse aus dem Zertifikatverkauf umgesetzt wurden. Gute Ratingagenturen oder Qualitätsinitiativen wie der ICVCM können beim Kaufentscheid behilflich sein.

Transparente Kommunikation

Unternehmen sollten ihre Verpflichtungen, ihr Engagement zur Emissionsreduktion sowie die zusätzlichen Finanzierungen von Klimaschutzprojekten transparent kommunizieren. Bei der Kommunikation von Contribution Claims ist es wichtig, klar zu kommunizieren, dass das Unternehmen Emissionen in der eigenen Wertschöpfungskette nicht mit den Emissionsminderungen aus dem Projekt ausgleicht.

Don’t punish the leaders

Es ist wichtig, dass jedes Engagement zur raschen Dekarbonisierung unterstützt wird. Klimaschutzprojekte mögen Qualitätslücken aufweisen und werden laufend weiterentwickelt. In der Praxis zeigt sich, dass diejenigen Unternehmen, die Zertifikate kaufen oft auch umfangreiche Massnahmen zur Reduktion ihrer eigenen Emissionen vornehmen (Ecosystem Marketplace 2023). Darum ist es falsch, Unternehmen zu verurteilen, die ihre Emissionen ambitioniert reduzieren und diese Massnahmen durch den Kauf von Zertifikaten ergänzen. Die grosse Herausforderung liegt nicht in den Fehlern einzelner Klimaschutzprojekte, sondern am Fehlen robuster Standards und in der Tatsache, dass es vielen Unternehmen noch deutlich an Ambition zur Erreichung ihres Netto-Null-Ziels fehlt. 


[1] Länder können ebenfalls Emissionen über internationale Klimaprojekte kompensieren (verpflichtender Markt). Dieser Markt ist jedoch sehr stark reguliert und nicht teil dieser Ausführungen.

Starkes Fundament für die Schweizer Kreislaufwirtschaft gelegt

Angestossen wurde die Revision des Umweltschutzgesetzes durch eine parlamentarische Initiative der Umweltkommission des Nationalrats, unter dem Namen “Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken”. Erklärtes Ziel des Vorstosses war es, die politischen Rahmenbedingungen so anzupassen, dass die Kreislaufwirtschaft gestärkt, die Umweltbelastung reduziert und die Leistungsfähigkeit sowie die Versorgungssicherheit der Schweizer Wirtschaft erhöht wird. Denn der Handlungsbedarf ist deutlich: Die Schweizer Wirtschaft ist laut Circularity Gap Report nur zu 7% zirkulär. Zudem zeigt der Statusbericht der Schweizer Kreislaufwirtschaft von der Berner Fachhochschule, dass nur 12% der Unternehmen zirkuläre Geschäftsaktivitäten im Geschäftsmodell verankert haben. Gleichzeitig bietet die Kreislaufwirtschaft in Hinblick auf den Klimaschutz grosse Chancen: 22% der inländischen Emissionen könnten gemäss Studie der ETH Zürich durch geschlossene Kreisläufe eingespart werden.

Deutlichere Abfallhierarchie

In der Gesamtanalyse der finalen Vorlage findet swisscleantech einige erfreuliche Neuerung im Umweltschutzgesetz. Zu begrüssen sind beispielsweise die neuen Regelungen hinsichtlich der Abfallhierarchie. So wurde die Wiederverwendung deutlich bessergestellt, indem sie als eine Option in der Verwertung von Abfällen definiert wurde. Dies unterstreicht die Wichtigkeit, im Sinne der umfassenden Kreislaufwirtschaft über das Recycling hinaus zu denken und bereits früher im Lebenszyklus von Produkten und Verpackungen anzusetzen.

Mehr Chancen für Branchenlösungen

Als Mitglied der Allianz für Branchenlösungen hat sich swisscleantech dafür eingesetzt, dass Branchenlösungen gestärkt wurden. So können künftig mehr Abfallfraktionen als bisher separat gesammelt und verwertet (oder wiederverwendet) werden. Hier kann der Bund künftig gezielt Siedlungsabfälle bezeichnen, die von privaten Anbietern gesammelt werden dürfen. Wichtig war hier auch die Verhinderung eines Flickenteppichs an privaten Lösungen. Mit der neuen Lösung können sich künftig mehr Branchenlösungen wie jene des PET-Recyclings etablieren – ein Schweizer Musterbeispiel für geschlossene Kreisläufe.

Ressourcen schonen mit langlebigeren Produkten

Besonders erfreulich sind auch die neuen Regelungen zur Langlebigkeit von Produkten. Dank einem grossen Engagement der Koalition Lang leben unsere Produkte kann der Bundesrat künftig Anforderungen an die Lebensdauer, die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und die Reparierbarkeit von Produkten stellen. Zudem erhält er die Kompetenz, einen Reparatur-Index einzuführen, wie dies in Frankreich bereits geschehen und in weiteren Ländern vorgesehen ist. Eine längere Nutzungsdauer von Produkten ist eine zentrale Massnahme der Kreislaufwirtschaft. Um diese zu fördern, sind Minimalanforderungen an Produkte sowie eine möglichst hohe Transparenz für die Endkosument*innen essenziell.

Verpasste Chancen

Einige für swisscleantech wichtige Punkte wurden jedoch nicht aufgenommen. So setzten wir uns zusammen mit unseren Partnern für Grenzwerte für die grauen Emissionen von Bauwerken ein, die über den Lebenszyklus hinweg eingehalten werden müssen. Während diese Regelung keine Chance hatte, müssen die Kantone künftig zumindest Grenzwerte für die graue Energie bei Neubauten und wesentlichen Erneuerungen festlegen. Auch bei der Liberalisierung des kantonalen Abfallmonopols wurde die Chance verpasst, mit einem deutlicheren Mechanismus zur Anerkennung von Branchenlösungen der Wirtschaft mehr Investitionssicherheit zu gewähren.

Die Arbeit geht weiter

Das neue Umweltschutzgesetz bringt zahlreiche Änderungen mit sich, die zu einer Stärkung der Kreislaufwirtschaft führen werden. Klar ist aber, dass zahlreiche Neuerungen in der Revision von der Bereitschaft des Bundesrates abhängen, diese auch tatsächlich umzusetzen. Damit das Potenzial der Kreislaufwirtschaft tatsächlich ausgeschöpft wird, braucht es darum weiterhin das Engagement von swisscleantech und seinen Partnern. Gleichzeitig sind die Unternehmen gefordert, die neuen Rahmenbedingungen zu nutzen und künftig noch mehr kreislauffähige Businessmodelle zu etablieren sowie zirkuläre Produkte und Dienstleistungen anzubieten. swisscleantech wird in den kommenden Jahren verstärkt mit seinen Mitgliedern die Herausforderungen der Kreislaufwirtschaft anpacken und an der Umsetzung in der Praxis arbeiten.

Und jährlich grüsst das Murmeltier

Die direkte Demokratie in der Schweiz bringt es mit sich, dass viele kontroverse Gesetzesvorlagen vom Volk verabschiedet werden müssen, weil die eine oder andere Interessengruppe das Referendum ergreift. Aufgrund der relativ zum Bevölkerungswachstum laufend sinkenden Referendumshürde hat sich die Situation nochmals akzentuiert und auch immer kleinere Splittergruppen sind mittlerweile fähig, genügend Unterschriften für ein Referendum zu sammeln – so geschehen beim Referendum zum Stromgesetz. Obwohl fast alle Parteien von Links bis Rechts sowie alle grossen Organisationen aus Wirtschaft und Umweltschutz-Kreisen das neue Stromgesetz begrüssen, hat sich eine kleine Gruppe rund um Windkraftgegner*innen und militante Landschaftschützer*innen gegen dieses Gesetz formiert und erfolgreich das Referendum ergriffen. So kommt es – nach dem Klimaschutzgesetz im 2023 – auch diesen Sommer zu einer für die Energiewende und das Netto-Null-Ziel zentralen Volksabstimmung.

Unter der Federführung der Energiebranche hat sich in den letzten Monaten deshalb eine breite «Allianz für eine sichere Stromversorgung» gebildet, bei der sich Vertretungen aus allen Parteien, den grossen Wirtschaftsverbänden, den Kantonen und Städten für ein deutliches Ja zum Stromgesetz einsetzen. Auch swisscleantech ist tatkräftig dabei und wird zum Erfolg dieser Kampagne beitragen.

Das Stromgesetz ist ein ausgewogener Kompromiss, bei dem der Nutzen für die Energiegewinnung mit dem Schutz der Biodiversität in einem optimalen Verhältnis sind. Mit dem neuen Stromgesetz schaffen wir die richtigen Rahmenbedingungen, um mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien rascher und umfassender voranzuschreiten. So erhöhen wir unsere Versorgungssicherheit im Inland und reduzieren gleichzeitig unsere Abhängigkeit von fossilen Energien aus dem Ausland.

Um unser Netto-Null-Ziel rechtzeitig zu erreichen, brauchen wir zur Dekarbonisierung der Wirtschaft, der Gebäude oder der Mobilität unbestritten mehr Strom. Das Stromgesetz ist dabei der entscheidende Hebel, um diesen zusätzlichen Strombedarf zu decken. Mit dem neuen Stromgesetz schaffen wir aber auch die richtigen Anreize, um das grosse Potenzial der Energieeffizienz auszuschöpfen sowie Innovation und Flexibilität im Stromnetz voranzubringen. Ein zentraler Schlüssel, um die erneuerbaren Energien möglichst kosteneffizient und problemlos in das bestehende Stromnetz zu integrieren.

Wer für eine zuverlässige und erneuerbare Energieversorgung ist, stimmt deshalb am 9. Juni Ja!

Netto-Null am Scheideweg – was uns 2024 klima- und energiepolitisch erwartet

2023 stand ganz im Zeichen von Netto-Null. Dieses Ziel wird auch 2024 die Energie- und Klimapolitik prägen. Als weltweit erstes Land hat die Schweiz in der Abstimmung vom letzten Juni mit fast 60 % das Netto-Null-Ziel gesetzlich verankert. Nach einem intensiven Abstimmungskampf, in den sich auch swisscleantech mit viel Herzblut einbrachte, geht es darum, das Netto-Null-Ziel bis 2050 tatsächlich umzusetzen.

Umsetzung Klimaschutzgesetz

Eine Aufgabe, die der Bundesrat bereits im Januar mit der Vernehmlassung für die Umsetzung des Klimaschutzgesetzes lancierte, damit das Gesetz ab 2025 in Kraft treten kann. swisscleantech wird sich in den kommenden Wochen intensiv mit dieser Vernehmlassung auseinandersetzen und gemeinsam mit den Mitgliedern Verbesserungsvorschläge ausarbeiten. Neben der möglichst gezielten Innovationsförderung ist es zentral, dass dank niederschwelligen Angeboten für die Unternehmen auch in den KMUs möglichst viele Netto-Null-Fahrpläne aufgesetzt werden – ein wichtiger Hebel für den Beitrag der Wirtschaft.

Referendumsabstimmung über das Stromgesetz

Politisch im Mittelpunkt steht 2024 jedoch die Abstimmung über das Stromgesetz (Mantelerlass), die bereits im Juni ansteht. swisscleantech hat sich in der parlamentarischen Beratung stark für die Vorlage eingesetzt und dazu beigetragen, dass die ambitionierten Ausbauziele mit ausgewogenen Massnahmen – unter anderem über die Förderung der Innovation und der Energieeffizienz – erreicht werden können. Nachdem der National- und der Ständerat im letzten Jahr mit grosser Mehrheit diesem zentralen Geschäft für die sichere Zukunft unserer Stromversorgung mit erneuerbaren Energien zugestimmt hat, wurde im Januar die notwendige Anzahl Unterschriften für das Referendum eingereicht. swisscleantech wird sich gemeinsam mit der Energiebranche und anderen Wirtschaftsverbänden für diese Vorlage einsetzen – weil ohne dieses Stromgesetz die Stromversorgungssicherheit in den nächsten Jahren gefährdet wäre. Speziell in Verbindung mit weiteren Massnahmen zugunsten eines ambitionierten Klimaschutzes ist die sichere und erneuerbare Stromversorgung eine Grundvoraussetzung.

Wichtige politische Arbeit von swisscleantech

Mit Blick auf die generellen politischen Rahmenbedingungen für eine ambitionierten Energie- und Klimapolitik wird der Weg aber nicht einfacher. Das beweisen die ersten Kommissionsberatungen 2024 beispielswiese bei der erneuten Revision des CO2-Gesetzes oder der Revision des Umweltschutzgesetzes zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft. Grund dafür sind die parteipolitischen Verschiebungen durch die nationalen Wahlen im Herbst 2023 und die veränderten, politischen Prioritäten. Umso wichtiger bleibt unsere politische Arbeit. Gemeinsam mit allen Parteien wollen wir auch in dieser Legislatur mehrheitsfähige Lösungen erarbeiten und uns auf dem Weg zu Netto-Null für bessere Rahmenbedingungen für die klimataugliche Wirtschaft einsetzen.

Neben diesen stark politisch geprägten Rahmenbedingungen fokussiert swisscleantech bewusst auch auf zukunftsweisende Technologien und Massnahmen, die wir auf dem Weg zu Netto-Null als Schlüsselfaktoren identifiziert haben. Auch 2024 werden wir darum daran arbeiten, Themen wie die CO2-Entfernung, die Übernahme von Grenzausgleichsmassnahmen (EU-CBAM) oder die grüne Logistik voranzubringen und so unserem Netto-Null-Ziel einen wichtigen Schritt näherzukommen.

Wichtige Beschlüsse in der Energie- und Klimapolitik zum Auftakt der neuen Legislatur – Rückblick auf die Wintersession

Stärkung der Kreislaufwirtschaft

Nachdem der Nationalrat die Grundlagen zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft in der Schweiz gelegt hat, ist nun auch die kleine Kammer auf diese wichtige Revision des Umweltschutzgesetzes eingetreten. Erfreulicherweise hat der Ständerat die Stossrichtung des Nationalrats weitestgehend bestätigt. In einigen Bereichen konnte sich swisscleantech erfolgreich für die Anliegen seiner Mitglieder einsetzen. So werden künftig die Langlebigkeit von Produkten z.B. über einen Reparaturindex gefördert, die Wiederverwendung klarer priorisiert sowie Branchenlösungen gestärkt.

Verzicht auf einen indirekten Gegenvorschlag zu Biodiversitätsinitiative

Der Ständerat hat endgültig beschlossen, auf einen indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative zu verzichten. Damit ist klar, dass die Volksinitiative im nächsten Jahr ohne Gegenvorschlag vors Volk kommen wird. Es ist enttäuschend, dass der Ständerat den Handlungsbedarf in der Biodiversität nicht anerkennt und einen emotionalen Abstimmungskampf im nächsten Jahr in Kauf nimmt. swisscleantech hat sich zugunsten eines Gegenvorschlags eingebracht, weil wir davon überzeugt sind, dass es auch aus Sicht der Wirtschaft ein stärkeres Bewusstsein für ein Gleichgewicht zwischen Schutz und Nutzen unseres Ökosystems braucht. Der indirekte Gegenvorschlag wäre die richtige Lösung gewesen, um das Ziel der Initiative ernst zu nehmen und die Rahmenbedingungen zu verbessern. Das Anliegen ist berechtigt, auch wenn die Volksinitiative zu weit geht.

Ermutigende Beratung des CO2-Gesetzes

Der Nationalrat hat die Revision des CO2-Gesetzes für die Zeit nach 2024 in der Gesamtabstimmung mit einer deutlichen Mehrheit angenommen und dabei die ungenügende Variante des Ständerates in diversen Bereichen korrigiert. Der Einsatz von swisscleantech zugunsten eines ambitionierteren Gesetzes hat sich gelohnt. Insbesondere das klare Inlandziel in Kombination mit den ausgewogenen Beschlüssen im Strassenverkehr bewertet swisscleantech als positiv. Leider hat es auch der Nationalrat verpasst, die CO2-Abgabe zu erhöhen und damit die Lenkungswirkung des Gesetzes zu verstärken. Das ist bedauerlich und erhöht den Druck auf spätere Revisionen des CO2-Gesetzes. Die Abschwächungen des Nationalrats minimieren die Referendumsgefahr – das Gesetz ist aber weiterhin nicht auf Zielpfad gemäss dem angenommen Klimaschutzgesetz vom 18. Juni.

Beschleunigter Ausbau von erneuerbaren Energien

Die letzten Jahre haben es klar gezeigt: Es braucht eine Beschleunigung beim Bau von Wasser-, Wind- und Solaranlagen von nationalem Interesse, damit die Ausbauziele für erneuerbare Energien erreicht werden können. swisscleantech hat sich dafür eingesetzt, dass die Beschleunigungsvorlage tatsächlich Wirkung erzielt und zu rascheren Bewilligungsverfahren führt. Die Entscheide des Nationalrats sind erfreulich, weil damit u.a. die Projektanten die Wahl zwischen einem konzentrierten Verfahren und einem Standardverfahren erhalten. Dies ist ein wichtiger Schritt für die praktische Umsetzung bei den Bewilligungsgesuchen. Weiterhin offen ist die Rolle der Standortgemeinden. Nun gilt es im Ständerat auf dieser guten Vorlage aufzubauen und mit dem Beschleunigungserlass eine wichtige Ergänzung zum kürzlich verabschiedeten Mantelerlass zu verabschieden.

Der Nationalrat verbessert das CO2-Gesetz bis 2030 – dieses ist aber weiterhin nicht auf Zielpfad

Die Stimmbevölkerung hat im Juni 2023 mit fast 60% dem Klima- und Innovationsgesetz (KIG) zugestimmt. Mit dem Netto-Null-Ziel bis 2050 und dem linearen CO2-Absenkpfad ist der Auftrag für Wirtschaft und Politik klar. Umso wichtiger war es, dass die grosse Kammer nach der enttäuschenden Beratung des CO2-Gesetzes im Ständerat Verbesserungen an der Vorlage vorgenommen hat. Das Ambitionslevel konnte in der gestrigen Beratung im Nationalrat wieder gesteigert werden, auch wenn einige Wermutstropfen dabei waren. So fällt die Bilanz aus Sicht von swisscleantech in Anbetracht der Ausgangslage insgesamt positiv aus, auch wenn damit die Schweiz noch lange nicht auf dem Zielpfad ist.

Inlandziel als wichtiger Richtwert im CO2-Gesetz

swisscleantech ist erfreut, dass der Nationalrat beschlossen hat, ein Inlandziel gemäss geltendem Recht einzufügen: Drei Viertel der Emissionsreduktion sollen im Inland erbracht werden. Damit wird der Auftrag der Bevölkerung aus dem angenommenen Klimagesetz ernst genommen. Denn nur mit Massnahmen im Inland werden wir das Netto-Null-Ziel bis 2050 erreichen können.

Enttäuschend ist hingegen, dass nach dem Ständerat auch der Nationalrat auf eine Erhöhung der CO2-Abgabe auf Brennstoffen verzichtet hat. Mit diesem Beschluss schwächt das Parlament eines der effektivsten Instrumente der Schweizer Klimapolitik bis 2030 und riskiert damit auch die Finanzierungsgrundlage des Gebäudeprogrammes. Es ist jetzt schon klar, dass in der nächsten Revision des CO2-Gesetzes ab 2030 eine umso stärkere Erhöhung der CO2-Abgabe folgen muss, damit die Ziele in der Industrie und im Gebäudesektor eingehalten werden können.

Erfreulich ist, dass die grosse Kammer die Rückverteilung der Lenkungsabgabe bei zwei Dritteln belässt und somit einen Grossteil der Einnahmen an Bevölkerung und Wirtschaft zurückverteilt. Das ist ein wichtiger Beschluss, um die Akzeptanz von Lenkungsabgaben zu gewährleisten.

Ausgewogenere Massnahmen im Strassenverkehr

Erfreulich sind die Verbesserungen beim Verkehr. Damit kann mitunter sichergestellt werden, dass die Zielwerte für die Neuwagenflotte nicht unterlaufen werden. Bei diesen Zielwerten gilt es generell, sich an den EU-Regelungen zu orientieren und einen Swiss-Finish zu vermeiden.

Besonders erfreulich ist der Beschluss des Nationalrats, die Unterstützung für die Elektromobilität wieder in die Vorlage aufnehmen, jedoch mit einer Reduktion der Mittel auf 20 Millionen Franken pro Jahr. Damit sollen die Basisinstallationen für die Ladeinfrastruktur in Mehrparteiengebäuden, Büroräumlichkeiten und auf öffentlichen Parkplätzen unterstützt werden. Diese schaffen die Grundlage dafür, dass mehrere Fahrzeuge gleichzeitig, sicher und auch möglichst intelligent geladen beziehungsweise bidirektional genutzt werden.

Positiv ist ebenfalls, dass der Nationalrat für Lastwagen, die mit Strom oder erneuerbaren Treibstoffen fahren, eine befristete Teilbefreiung von der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) beschlossen hat. Das gibt Transportfirmen einen Anreiz, auf klimafreundliche Fahrzeuge umzusteigen, was für viele Mitglieder von swisscleantech ein grosses Anliegen ist.

Keine Alleingänge im Luftverkehr

Klimapolitische Massnahmen im Luftverkehr brauchen eine internationale Einbindung. Bei der vorgeschlagenen Privatjetabgabe der vorberatenden Kommission war dies nicht der Fall. Ausserdem hätte sie die aktuelle Vorlage unnötig überladen. Darum ist es auch richtig, dass der Nationalrat sich gegen dieses neue Instrument ausgesprochen hat. Um mehr Wirkung im Luftverkehr zu erzielen, ist es zielführender, eine Beimischquote für erneuerbare Flugtreibstoffe in der Schweiz festzulegen. Hier hat sich die grosse Kammer leider für eine abgeschwächte Lösung ausgesprochen.